Wien – Gott schuf die Welt in sechs Tagen, Walter Reicher benötigte für die Kreation der HaydnLandTage wohl den einen oder anderen Tag länger. Aber es musste doch einigermaßen schnell gehen, als die traditionsreichen Haydn-Festspiele des Schlosses (Esterházy) verwiesen wurden. Reicher erschuf einen neuen Festivalkosmos und erkor diverse Wirkungsstätten Haydns zu Auftrittsorten: In Fertöd und Frauenkirchen, in Rohrau und Raiding wird nun bis 3. September Haydn gespielt.

In Wien hat Haydn ja auch lange gewirkt, als Kapellknabe von St. Stephan, als Schüler von Nicola Porpora am Kohlmarkt. Ein halbes Jahrhundert danach wurde der alte Meister im Festsaal der Universität geehrt. Der greise Komponist wurde mit Pauken und Trompeten empfangen und von Beethoven geküsst, wie Professor Gernot Gruber in einem anekdotischen Vortrag zu Beginn des Eröffnungskonzerts in der Akademie der Wissenschaften erzählte. Zuvor hatte der Hausherr, Professor Anton Zeilinger, die Festivalgäste begrüßt.

Dann folgte, 209 Jahre nach Haydns Ehrung, erneut eine Aufführung seiner Schöpfung an dieser Stelle. Enrique Mazzola animierte das auf historischen Instrumenten musizierende Orchestre National d'Île-de-France zu Dynamik und Esprit und zeichnete die Tonmalereien mit liebevoller Genauigkeit nach. Wundervoll lebendig der Wiener Kammerchor (Leitung: Michael Grohotolsky). Bariton Mathias Hausmann sang etwas intonationstrübe, Sopranistin Siobhan Stagg und Tenor Matthew Newlin beglückten durch Geschmeidigkeit und Glanz.

Als glanzvoll ist auch die Akustik des marmorverkleideten Großods zu beschreiben: Im Tutti-Fortissimo etwas gleißend, ansonsten aber von einer Prägnanz, einer Eleganz und Transparenz (trotz des relativ langen Nachhalls), die in Wien ihresgleichen sucht. Das Publikum hörte, dass es gut war, und applaudierte laut und lang. (Stefan Ender, 25.8.2017)