Manchester/Liverpool – Als das Spiel vorbei war, hockte Mesut Özil traurig auf dem Rasen des Stadions an der Anfield Road, regungslos, den Blick nach unten gerichtet. Sein FC Arsenal war beim 0:4 gegen den FC Liverpool gedemütigt worden – und der deutsche Weltmeister hatte wieder einmal eine schwache Leistung gezeigt. So schwach, dass er sich später dafür sogar entschuldigte.

"Beschuldigt uns, schreit uns an, kritisiert uns, aber ich bin auch sehr enttäuscht", schrieb er bei Instagram und, ja: "I'm sorry", es tue ihm leid für die mitgereisten Fans.

Ein verunglückter Torschuss und die Gelbe Karte für eine rüde Grätsche gegen Jordan Henderson, beides kurz nach der Pause, waren seine auffälligsten Aktionen gewesen. Sein Landsmann Emre Can legte nach dem Abpfiff den Arm um Özils Schulter, versuchte, ihn zu trösten. Auf dem Weg in die Kabine gab es eine kurze Umarmung von Liverpools Trainer Jürgen Klopp. Doch aufheitern ließ sich Özil durch die netten Gesten nicht. Er wusste vermutlich, dass es wieder einmal viel Kritik geben würde für seinen Auftritt.

Heftige Kritik von TV-Experte Neville

TV-Experte Gary Neville nahm sich Özil und dessen Mitspieler Alex Oxlade-Chamberlain, Aaron Ramsey, Granit Xhaka sowie Alexis Sánchez vor: "Sie haben in den ersten 20 Minuten das Wichtigste vergessen: Wenn der Ball an dir vorbeigeht und deine Mannschaftskollegen unter Druck geraten, läufst du so schnell wie möglich zurück", sagte der frühere englische Nationalspieler und meinte: "Ich würde sie alle auf die Transferliste setzen."

Hintergrund: Die Verträge von Özil, Sánchez und Oxlade-Chamberlain laufen nach dieser Saison aus. Um Geld mit den Spielern zu verdienen, könnte Arsenal sie noch in der bis Donnerstag laufenden Transferphase verkaufen. Bei Oxlade-Chamberlain und Sánchez bahnt sich ein Weggang an, Özil dürfte bleiben. Zum Unverständnis einiger englischer Medien. "Özil war wieder einmal unsichtbar in einem großen Spiel. Es bleibt das Gefühl, dass er ein hochveranlagter Spieler ist, der es gegen die besten Mannschaften einfach nicht schafft", schrieb der Independent.

Die ganze Mannschaft sei schlicht "nicht gut genug" gewesen, meinte Özil und versprach: "Wir werden alles tun, um uns im nächsten Spiel zu verbessern und nach dieser Enttäuschung (...) zurückzukommen." Normalerweise sei er nach derart "frustrierenden Tagen" zu verärgert, um sich über die sozialen Medien zu äußern, fuhr er fort, "aber ich wollte dieses Spiel nicht unkommentiert lassen, ehe ich zum DFB-Team fahre".

Sarkasmus der Fans

Die mitgereisten Arsenal-Fans flüchteten sich in Liverpool in Sarkasmus. "Wir holen die Meisterschaft" und "Wir verhindern den Abstieg" sangen sie. Coach Arsene Wenger bezeichnete den Auftritt seiner Mannschaft anschließend als "absolut desaströs" und "absolut inakzeptabel". Bei der Frage nach den Gründen wirkte er ratlos.

"Dazu kann ich momentan wenig sagen", erklärte der 67-jährige Franzose, der seinen Vertrag gerade erst um zwei Jahre verlängert hatte, nach nur drei Runden aber nun schon wieder im Zentrum der Kritik steht. Vor allem nach dem Gastspiel bei den "Reds", die Arsenal über weite Strecken vorführten. Die britische Tageszeitung "The Telegraph" urteilte, Wengers Mannschaft war "ein peinliches Chaos, ein blasser, grotesker Schatten des Teams, das sie eigentlich sein sollten".

Wenger: "Nicht auf dem Level"

Wengers Resümee fiel ähnlich aus. "Von der ersten bis zur letzten Minute haben wir nicht das gezeigt, was für so ein Spiel nötig ist, nicht körperlich, nicht technisch und nicht mental", gab er frustriert zu. Gleichzeitig bat er die Anhänger um Geduld und Vertrauen – wieder einmal. Vielen Arsenal-Fans dürfte das wie ein Deja-vu vorkommen. Ähnliches hatte Wenger nämlich schon in der vergangenen Saison gesagt. Am Ende verpasste Arsenal erstmals seit 20 Jahren die Teilnahme an der Champions League.

Der Cupsieg am Ende der vergangenen Saison und der Supercup-Triumph im Sommer waren nur ein kurzes Stimmungshoch, das bekannte Arsenal-Probleme vorübergehend kaschierte. Die Abwehr der Londoner präsentiert sich lückenhaft, das Mittelfeld wirkt teilnahmslos, der Angriff harmlos, wie kein einziger Schuss aufs Tor beim Gastspiel in Liverpool beweist. "Ich glaube immer noch, dass man denken sollte, diese Spieler sind gut genug", meinte Wenger. "Aber klar ist natürlich, dass sie heute nicht auf dem Level waren." (sid, 28.8.2017)