Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag in Budapest, sein zweiter in diesem Jahr, diesmal offiziell zur Eröffnung der Judoweltmeisterschaft, kann aus mehreren Gründen als eine symbolträchtige Bestätigung der besonderen Beziehungen zwischen Putin und seinem Gastgeber, Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, betrachtet werden.

Auch im Mai fand übrigens eine herzliche Begegnung der beiden Männer, am Rande einer internationalen Tagung in Peking, statt. Zu Recht gilt Orbán als der Putin-freundlichste EU-Regierungschef. Keinen anderen hat Putin seit der Annexion der Krim und der EU-Sanktionen gegen Russland so oft und in so demonstrativ freundlicher Atmosphäre getroffen wie jenen Mann, der 1989 seine Karriere mit einer sowjetfeindlichen öffentlichen Rede auf dem Budapester Heldenplatz begonnen und noch im Oktober 2007 Russland als Bedrohung Ungarns gegeißelt hatte.

Die Weichen für eine Wende in der Russlandpolitik Orbáns wurden laut ungarischer Presse bereits im Herbst 2009, noch vor dem Wahltriumph von Fidesz, gestellt, als der damalige ungarische Oppositionschef die Einladung zum Kongress der Regierungspartei Vereintes Russland in Moskau angenommen und ein Gespräch mit Putin geführt hatte.

Das wichtigste Ereignis war dann der Abschluss eines in vielen Details geheim gehaltenen Abkommens im Jänner 2014 über den langfristigen Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks durch den russischen Staatskonzern Rosatom, finanziert mit einem Zehn-Milliarden-Euro-Kredit von Russland. Darüber hinaus wird jetzt auch über preisgünstige russische Gaslieferungsverpflichtungen verhandelt. Diese sollen auch in Hinblick auf die im April fälligen Parlamentswahlen die Fortsetzung der erfolgreichen Niedrigpreispolitik der Regierung für Energie absichern.

Die ungarische Gegenleistung ist im Grunde eine politische. Bereits bei dem vorletzten Besuch Putins im Februar 2017 verurteilte Orbán "die leider zur Mode gewordene antirussische Politik des Westens" und die gegen Russland verhängten EU-Sanktionen. Seit der berüchtigten Stellungnahme Orbáns für den "illiberalen" Staat 2014 gibt es offen eine gemeinsame ideologische Grundlage für die politische Freundschaft der beiden starken Männer: antiwestlicher Nationalismus, autoritäre Herrschaftsstruktur, Verbreitung der Verschwörungstheorien durch populistische von oben kontrollierten Medien

Eine symbolische Geste war auch die Verleihung der Ehrenbürgerschaft durch die Universität von Debrecen an Putin mit der fadenscheinigen Begründung der Einbindung der Universität in die Ausbildung von Fachleuten für das russische Staatsunternehmen Rosatom bei dem Paks-Projekt.

Orbáns Ungarn wirkt als Putins wichtigster Partner bei der Destabilisierung der EU. Zugleich nimmt Ungarn unverändert teil an der Nato-Zusammenarbeit und trägt die russlandfeindlichen Sanktionen trotz Verlusten für die Landwirtschaft mit. Im Gegensatz zur offenen Diktatur in Russland bleibt das Orbán-Regime ein Mischsystem mit autoritären Zügen (Abschaffung der freien Medien und der unabhängigen Justiz), aber mit Reise-, Rede- und Demonstrationsfreiheit. (Paul Lendvai, 28.8.2017)