Bild nicht mehr verfügbar.

Robby Mook auf Wahlkampftour für Hillary Clinton Ende Oktober des Vorjahrs. Man war sich zwar sicher, die richtige Botschaft zu haben – brachte sie aber nicht bei den Wählern an.

Foto: Reuters / Brian Snyder

STANDARD: Weltweit fragt man sich: Wie konnte es geschehen, dass jemand wie Donald Trump US-Präsident wurde? Haben Sie schon eine Antwort gefunden?

Mook: Das Hauptelement ist, dass es für jede Partei schwierig war, das Weiße Haus für mehr als zwei Amtsperioden zu gewinnen. Das wird gern übersehen. Roosevelt hatte einige, davor passierte das selten, Bush kam nach Reagan. Es gab also eine enorme Sehnsucht nach einem Wandel. Dazu kam eine ganze Reihe von Dingen, die ein Umfeld schufen, in dem Hillary Clinton mit ihrer Botschaft nicht durchkam.

STANDARD: Also die Folge eines de facto Zweiparteiensystems?

Mook: Nein, die Wahl von Drittparteien war diesmal sogar ganz wichtig. Im Bundesstaat Wisconsin zum Beispiel hatte Trump nicht mehr Stimmen als Mitt Romney. Viele wählten die Grünen oder die Liberalen. Es kam all diese negative Berichterstattung zu Hillary Clinton dazu, die FBI-Ermittlungen zu ihren E-Mails. Das waren die Gründe. Die Leute glaubten, dass Hillary sowieso gewinnen würde. Ich bedauere am meisten, dass wir den Wählern nicht klargemacht haben, wie wichtig ihre Stimme ist. Dass wir nicht mehr dafür taten.

STANDARD: War Barack Obama eher eine Hilfe oder eine Hürde?

Mook: Nach acht Jahren wollten die Wähler etwas anderes, obwohl sie in unseren Umfragen sagten, Obama habe einen guten Job gemacht. Sie waren da etwas wankelmütig. Die Mehrheit sah Trump als Risiko. Aber in der letzten Woche vor der Wahl im November war es für Hillary wegen der E-Mail-Sache schwer, zu den Wählern durchzudringen.

STANDARD: Für Europäer ist schwer verständlich, wie man mit rassistischen Sprüchen US-Präsident werden kann. In Frankreich war von Anfang an klar, dass die extreme Rechte, Marine Le Pen, die Stichwahl nicht gewinnen kann. Wie sehen Sie das?

Mook: Trumps Wahlsieg hat viel damit zu tun, dass dann die Rechten in Europa geschlagen wurden. Hätte er verloren, wären sie in Europa wohl stärker gewesen. Trump war sicher eine Warnung.

STANDARD: Haben Sie Trump einfach unterschätzt?

Mook: Wir haben zwei Dinge total unterschätzt: erstens, wie sehr die Menschen einen Wechsel wollten. Zweitens, wie vernichtend diese Berichterstattung über Wikileaks war, die Untersuchung im Kongress, der Brief des FBI-Direktors. Die Leute haben bezüglich Hillary Clinton ständig nur über die Sache mit den E-Mails gehört.

STANDARD: Und die Medien?

Mook: Medien brachten die Aussagen von Trump oft unkommentiert, dachten: "Wie schrecklich!" Das Ganze spreche für sich. Über Clinton sprachen sie differenziert. Das Ergebnis: Trump brachte seine Botschaften voll rüber.

STANDARD: Hat Trump die bessere Show geliefert? Warum haben Sie ihn nicht stärker attackiert?

Mook: Trump hat die Fähigkeit, die Berichterstattung komplett zu dominieren. Das sieht man auch heute. Darüber müssen die Demokraten für die Wahl 2020 intensiv nachdenken. Es ist eine Sache, ein Programm und eine Message zu haben; eine andere, ob man zu den Wählern durchdringt. Wir haben versucht, auf die Risiken durch Trump hinzuweisen. Seine Casino-Mentalität wurde gezeigt, aber es wurde nicht berichtet.

STANDARD: Welche Lehren ziehen Sie aus dem Ganzen?

Mook: Medien müssen überlegen: Wenn ein Kandidat abscheuliche Dinge sagt, dann kann man das nicht einfach so veröffentlichen. Man muss sich das gründlich überlegen, damit nicht jemand einfach alles dominieren kann – egal womit. Wenn man der Kandidat des Wandels ist, ist es leichter, einfache Botschaften auszusenden. Denken Sie an Barack Obama und seinen Slogan 2008: "Hope and Change". Er musste nicht in Details gehen.

STANDARD: Was hätte geklappt?

Mook: Wir hatten einen kurzen, prägnanten Slogan: "Gemeinsam stärker". Seien wir ehrlich: Hätte Hillary ein paar Tausend Stimmen mehr gehabt in einigen Staaten, würden wir sagen, "Stronger together" hat funktioniert. (Thomas Mayer, 29.8.2017)