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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach am Dienstag bei ihrer der traditionellen Sommerpressekonferenz über die Beziehungen zu Polen und der Türkei.

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Etliche Vertreter der Presse waren in Berlin anwesend, um weniger als einen Monat vor der deutschen Bundestagswahl Merkels Standpunkte zu hören.

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Rund 40 Minuten spricht die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag schon, da unterläuft ihr fast ein Lapsus. Es geht um den Familiennachzug für Flüchtlinge – und Merkel erklärt, sie werde sich das im nächsten Jahr anschauen. Dann korrigiert sie sich und sagt: "Wenn ich die Möglichkeit habe, werde ich mir das nächstes Jahr anschauen."

Sage keiner, sie sei zu siegesgewiss und abgehoben. Schließlich ist am 24. September Wahl, und vielleicht gibt es ja noch eine Überraschung. Im Moment sieht es nicht danach aus, auch wenn Merkel selbst den Wahlkampf als "spannende Zeit" bezeichnet. Darum ist sie auch "gerne" zur Hauptstadtpresse gekommen. Das macht sie einmal im Jahr, immer im Sommer, und natürlich bekommt sie in diesem Wahljahr besonders viel Aufmerksamkeit.

Gute Laune und Entspannung

"Warum kommen Sie eigentlich nicht öfter?", will jemand wissen. "Wie oft hätten Sie mich denn gerne?", kontert Merkel lächelnd. Sie ist gut gelaunt und entspannt, von Wahlkampfstress keine Spur. Dass sie die Flugbereitschaft des Bundes günstig – zu günstig, wie die SPD moniert – nutzt, ist aus ihrer Sicht schnell erklärt: Sie brauche ja eigentlich als Kanzlerin immer Infrastruktur.

Rasch kommt sie auf ihre Sommerpressekonferenz 2015 zurück, bei der sie den berühmten Satz "Wir schaffen das" sagte. Die Entscheidung, die vielen Flücht- linge aufzunehmen, sei richtig gewesen. Merkel: "Wir hatten eine humanitäre Ausnahmesituation." Jetzt gehe es darum, anderen (in Afrika, Anm.) zu helfen, selbst Entwicklungsperspektiven zu entwickeln. Denn: "Wir können uns nicht abschotten und einfach so weitermachen."

Kritik übt sie an der EU: Diese habe ihre "Hausaufgaben noch nicht gemacht", die Verteilung der Flüchtlinge klappe noch nicht. Explizit erwähnt Merkel aber, dass es mit dem kleinen Nachbarn Österreich keine Probleme gebe.

Kritik an der Türkei

Kritische Worte findet sie auch für die Türkei. Sie hätte gerne bessere Beziehungen zur Türkei, sagt sie. Aber: "Es hat auch was mit Einhaltung rechtstaatlicher Beziehungen zu tun, und die sehen wir derzeit nicht." Die polnische Regierung bekommt für ihr Verständnis von Rechtsstaat auch Merkels Fett ab: "Wir können da nicht einfach den Mund halten und nichts sagen, um des Friedens willen." Und weil sie schon beim Kritisieren ist: Die Aussage von AfD-Vize Alexander Gauland, man solle Staatsministerin Aydan Özoguz in der Türkei "entsorgen", empört Merkel und die ganze Regierung. Apropos AfD: Die Immunität von Parteichefin Frauke Petry wegen des Verdachts auf Meineid im sächsischen Landtag ist seit Dienstag aufgehoben.

Doch wenn die Kanzlerin schon 90 Minuten zur Verfügung steht, dann gibt es immer den Versuch, etwas Persönliches aus Merkel herauszukitzeln. Ob Deutschland langweilig sei? Weil ihr Wahlkampf ja so fade sei, aber sie in Umfragen ja weit vorne liege.

Nicht beschimpfen

Wahlkampf sei ja in der Definition mancher "nur schön, wenn man sich beschimpft", sagt Merkel. Das aber sei "nicht ihre Vorstellung". Und überhaupt: "Ich kann mich nicht beklagen, dass niemand kommt zu meinen Veranstaltungen. Für mich ist das nicht langweilig."

Warum sie nur einem TV-Duell zugestimmt habe (am kommenden Sonntag, Anm.) und warum sie ihre "Bedingungen" diktiert habe, die da lauteten "keine Veränderungen der Modalitäten", wird sie noch gefragt. Merkel bleibt gelassen: "Ich finde, dass sich die Formate sehr bewährt haben." Nachsatz unter Gelächter der Journalisten: "Bei den Abstimmungen habe ich immer gewonnen."

Und weil sie so gut gelaunt ist, erbarmt sie sich auch ihres armen Herausforderers, den sie sonst ja ignoriert, und erklärt gönnerhaft: "Ich habe extra heute schon einmal Martin Schulz gesagt."

Jemand möchte dann noch wissen, ob sie eigentlich ihre Nachfolge schon geregelt oder zumindest eine Idee habe, wer nach ihr mal Kanzler oder Kanzlerin sein könnte. Die Antwort ist klar: "Ich werbe um vier Jahre Vertrauen." (Birgit Baumann aus Berlin, 29.8.2017)