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Cuvier-Schnabelwale – hier ein nahe Tokio gestrandetes Exemplar – reagieren empfindlich auf Störungen durch militärisches Sonar.

Foto: AP/Kyodo News

Seattle/San Diego – Dass der zunehmende Lärm durch die Schifffahrt und ihren Begleiterscheinungen für Meeressäuger und andere Ozeanbewohner problematisch ist, wurde schon bei einigen Untersuchungen festgestellt. Nun haben US-amerikanische Forscher entsprechende Auswirkungen bei einer konkreten Walspezies genauer unter die Lupe genommen: Das Team um Erin Falcone von der Foundation for Marine Ecology and Telemetry Research in Seabeck konnte nachweisen, dass Sonare von Schiffen oder sogar Hubschraubern das Tauchverhalten von Cuvier-Schnabelwalen beeinflussen und sie bei der Futtersuche stören.

Die Wissenschafter hatten 16 Tiere vor der südkalifornischen Küste mit Sendern ausgestattet und beobachtet, wie die Wale auf Sonargeräusche militärischer Übungen reagieren. So verlängerten sich alle Phasen der Tauchzyklen, wenn die Tiere den Schallimpulsen ausgesetzt waren. Die Cuvier-Schnabelwale (Ziphius cavirostris) blieben länger in der Tieftauchphase, durchschnittlich 90 statt 60 Minuten. Die Wissenschafter vermuten, dass die Tiere am Ozeangrund Schallwellen meiden. Wohl durch die verlängerten Tauchzeiten mussten die Tiere auch etwas länger auftauchen.

Geschwächte Wale

Die Intervalle zwischen den tiefen Tauchgängen, bei denen die Wale Futter suchen, wurden größer. Dies könnte die Tiere langfristig schwächen, berichten die Forscher im Fachmagazin "Royal Society Open Science". Die Daten könnten aber nicht erklären, warum in der Nähe von Orten, an denen Sonar eingesetzt wird, immer wieder Exemplare stranden. Das Verhalten der Wale zeuge aber von einer Anpassung an die Technik. Cuvier-Schnabelwale kommen in allen Ozeanen vor.

Während die Forscher das Verhalten der Wale beobachteten, nahmen sie mit Unterwassermikrofonen die Töne von zwei Sonartypen auf, die dort bei regelmäßigen Militärübungen verwendet werden: Lautere Sonare von Kriegsschiffen und leisere, die von Hubschraubern ins Meer eingetaucht werden. Zusätzlich bekam das Forscherteam die Aufzeichnungen über die Sonareinsätze vom Militär. Auch finanziell wurde die Studie von der US-Kriegsmarine unterstützt.

Von Hubschraubern überrascht

Die Tiere reagierten der Studie zufolge bis zu einer Entfernung von hundert Kilometern zum Sonargerät. Die Reaktionen nahmen aber mit höherer Distanz ab. Im Durchschnitt reagierten die Wale auf das leisere Sonar der Hubschrauber heftiger und kamen ihnen auch näher. Die Forscher vermuten, dass die Wale den Schiffen ausweichen, von den Hubschraubern hingegen überrascht werden.

Auch in Deutschland untersuchen Wissenschafter die Auswirkungen von Lärm auf Wale in der Nord- und Ostsee. Andreas Ruser, Biophysiker an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, erforscht insbesondere die Reaktion von Schweinswalen, die sich über das Gehör orientieren. Seine Experimente ergaben, dass diese Wale nach einer Sonarbeschallung ab einer bestimmten Schallenergie kurzzeitig schlechter hören. Das Phänomen ähnele der Beeinträchtigung, die Menschen nach einem Discobesuch haben, so Ruser.

Wale könnten im Allgemeinen wesentlich höhere Frequenzen hören als Menschen. Zwar sei es im Meer nie ganz still, so Ruser, aber laute Geräusche, wie Sonare, Explosionen oder seismische Untersuchungen könnten die Tiere stören oder verletzen. Die Tiere tauchen zum Beispiel entweder ab oder auf, weil der Schall am Meeresboden und an der Wasseroberfläche gedämpft ist.

Rekordtaucher

Cuvier-Wale sind die Säugetiere, die am längsten und tiefsten tauchen können. Sie können weit mehr als 100 Minuten unter Wasser bleiben und in Einzelfällen knapp 3.000 Meter tief tauchen.

Forscher rätseln, warum es immer wieder zu Massenstrandungen der Tiere kommt. Sonare senden Tonimpulse, die ein Echo erzeugen, wenn sie auf ein Objekt, zum Beispiel ein U-Boot, stoßen. Die Geräusche führen offenbar zu einem untypischen Verhalten der Wale. Die gestrandeten Wale zeigten Symptome der Dekompressionskrankheit. Dabei sammeln sich Gasblasen im Körper, die das Gewebe zerstören. Die beim Menschen auch Taucherkrankheit genannte Reaktion entsteht durch sehr tiefes Tauchen oder durch zu schnelles Auftauchen. (APA, red, 30.8.2017)