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Lebensgroße Nachbildung eines Wollnashorns (Coelodonta antiquitatis) mit Jungtier. Die großen, einst weitverbreiteten Pflanzenfresser starben am Ende der letzten Kaltzeit aus.

Foto: Picturedesk/Visum/Marc Steinmetz

Leiden/Wien – Das Ende der letzten Kaltzeit am Übergang vom Pleistozän zum Holozän vor rund 12.000 Jahren brachte ein Massenaussterben mit sich, dem vor allem sehr große Säugetiere zum Opfer fielen. Was den Untergang der Megafauna auslöste, ist bis heute umstritten: Waren es zuvorderst die klimatischen Veränderungen oder die zunehmende Ausbreitung des Menschen, die zur Aussterbewelle führten und Mammuts, Wollnashörnern und vielen anderen zum Verhängnis wurden?

Eine aktuelle Studie von Forschern des Naturalis Biodiversity Center in Leiden vermag diese kontroverse Frage zwar nicht zu klären, gibt aber neue Einblicke in den Zustand der letzten Wollnashornpopulationen vor dem Ende: Wie Frietson Galis und Kollegen im Fachblatt "PeerJ" berichten, wiesen auffallend viele dieser behörnten Fellgiganten Fehlbildungen der Halswirbelsäule auf. Nach Ansicht der Wissenschafter ist das ein Indiz dafür, dass die Nashörner schon länger unter äußerst prekären Bedingungen gelebt haben müssen. Ähnliches hatte Galis vor kurzem bereits an Mammutüberresten nachgewiesen.

Ausgeprägte Halsrippen

Konkret untersuchten die Forscher Halswirbel von 32 Wollnashörnern, die auf dem Gebiet der heutigen Niederlande lebten. Acht Exemplare wiesen ausgeprägte Cervicalrippen auf, also Rippen im Bereich der Halswirbelsäule, die sich bei den meisten Tiergruppen im Lauf der Evolution zurückgebildet haben. Diese Fehlbildung, die abgeschwächt auch bei etwa 0,3 Prozent der Menschen auftritt, wird mit Gendefekten und schädlichen Umweltbedingungen im frühen Embryonalstadium in Verbindung gebracht. Galis: "Der Defekt ist relativ harmlos, deutet aber auf sehr widrige Lebensumstände hin."

Als Ursache für die verblüffende Häufigkeit der Cervicalrippen bei Wollnashörnern kommen demnach zwei Faktoren in Betracht: Zum einen könnte starke Inzucht infolge schrumpfender Populationen die nachteiligen Genvarianten erhalten haben. Hierbei könnte freilich auch der Mensch eine Rolle gespielt haben.

Andererseits dürften die klimatischen Bedingungen und die Veränderung der Lebensräume den Tieren schon über einen längeren Zeitraum massiv zugesetzt haben. Die wahrscheinliche Kombination beider Faktoren ergibt das Bild einer Spezies, die schon für geraume Zeit sehr geschwächt war, ehe sie ganz verschwunden ist. (David Rennert, 31.8.2017)