Für Spaniens Premier Mariano Rajoy beginnt das neue politische Jahr, wie das alte endete: mit Fragen zu Korruption und illegaler Finanzierung seiner Partei Partido Popular (PP). Ende Juli saß Rajoy bereits im Fall "Gürtel" – so der Name der Korruptionsermittlungen rund um den PP – auf der Zeugenbank. Am Mittwoch musste er nun im Parlament aussagen, nachdem die linke Podemos und der sozialistische PSOE das gemeinsam mit Nationalisten aus Katalonien und dem Baskenland gefordert hatten.

Die Parteien nutzten ihre Redezeit für einen politischen Rundumschlag, doch von Podemos-Chef Pablo Iglesias kamen auch konkrete Fragen. Er wollte unter anderem wissen, was Rajoy gewusst und wie viel Schwarzgeld er persönlich bezogen habe.

Politische Kampfrede

Ende Juli vor Gericht hatte Rajoy erklärt, sich nie um die Partei- oder Wahlkampffinanzen gekümmert zu haben. Allerdings ist mittlerweile ein Video aufgetaucht, das Rajoy im Jahr 2000 beim Aufschlüsseln der Wahlkampfausgaben zeigt. "Wann haben sie gelogen? Vor Gericht oder im Video?", wollte Iglesias wissen. Statt zu antworten, hielt der Regierungschef eine politische Kampfrede, in der er Iglesias mit Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro verglich. Als Iglesias die Fragen wiederholte, erhielt er abermals keine Antwort.

Insgesamt laufen 65 Verfahren gegen den PP. Die Richter gehen davon aus, dass die Partei sich mindestens zwanzig Jahre lang illegal finanziert und dabei über 863 Millionen Euro abgeschöpft haben soll. Rajoy war im fraglichen Zeitraum Minister, Vizegeneralsekretär, ab 2004 Partei- und ab 2011 Regierungschef. Der Schatzmeister der Partei, Luis Bárcenas, soll an Parteifunktionäre wie Rajoy Zusatzgehälter in Millionenhöhe aus der Schwarzgeldkasse bezahlt haben. Der PP zerstörte die Festplatten von Bárcenas Computern kurz vor der Durchsuchung der Parteizentrale. (Reiner Wandler aus Madrid, 30.8.2017)