Kein "candle in the wind": Theresa May will im Amt bleiben.

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Sie galt als "dead woman walking", nun will sie keine "Drückebergerin" sein: Knapp drei Monate nach der Unterhauswahl, die für ihre Konservativen beinahe zum Fiasko wurden, überrascht die britische Premierministerin Theresa May viele ihrer Parteifreunde mit ungewöhnlich selbstbewussten Durchhalteparolen.

Schienen ihre Tage an der Macht nach den schweren Verlusten bei dem Urnengang noch als gezählt, hat sie nun in einem Interview mit der BBC ihren Willen bekundet, ihr Amt keineswegs nach dem EU-Austritt des Landes im März 2019 zu räumen, sondern die Torys auch in die für 2022 anberaumte Parlamentswahl zu führen.

"Auf lange Sicht hier"

Während eines Besuchs in Kioto im Rahmen ihrer Japan-Reise ließ die 60-Jährige den Sender wissen, ihre Regierung werde nicht nur den Ausstieg aus der EU bewerkstelligen, sondern auch eine bessere Zukunft für das Vereinigte Königreich herbeiführen. "Ja: Ich bin auf lange Sicht hier."

Großbritannien solle weiterhin seinen Platz in der Welt habe, auf dass es weltweit Handel betreiben könne und die Ungleichheiten im Land beseitigt würden. Großbritannien solle in der Zukunft "stärker, internationaler, aber auch gerechter" sein, sagte May. Und fügte an: "Ich bin keine Drückebergerin."

Bei so manchem Parteifreund dürfte das neue Selbstbewusstsein der gestrauchelten Regierungschefin die sprichwörtlich steife Oberlippe bis zum Äußersten strapazieren.

Potenzielle Erben warten ab

Bisher rechneten sich einige ihrer Minister und Abgeordneten gute Chancen aus, eher früher als später das Erbe der nach dem britischen EU-Austrittsreferendum ins Amt gekommenen Regierungschefin anzutreten. Neben Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson werden auch dem ultrakonservativen Abgeordneten Jacob Rees-Mogg Ambitionen auf das Büro in der Downing Street nachgesagt. Ex-Finanzminister George Osbourne, ein Vertrauter ihres Vorgängers David Cameron, nannte May gar "dead woman walking".

May hatte die vorgezogenen Unterhauswahlen ohne Not vom Zaun gebrochen und nach dem Sieg der Brexit-Befürworter auf einen Erdrutschsieg ihrer Konservativen gehofft. Stattdessen quittierten die Wähler ihren missglückten Wahlkampf mit herben Verlusten für die bis dahin allein regierenden Konservativen, die seither auf Unterstützung der nordirischen Rechtsaußenpartei DUP angewiesen sind.

Die von Beobachtern als chaotisch beschriebene Verhandlungsführung Londons gegenüber Brüssel bei den Brexit-Gesprächen sorgt überdies für Druck auf die Regierung May. Am Donnerstag endet die dritte Verhandlungsrunde, die EU hatte schon bisher Unmut über die in wesentlichen Punkten unklare Haltung Großbritanniens geäußert. (flon, 31.8.2017)