Josef Schelling auf einem Selfie-Video auf der Website von Gilt – dort bekennt er sich als Anhänger der direkten Demokratie.

Foto: Gilt/Kandidatenportraits

Wien – Der Pensionist Josef Schelling sieht sich als Wirtschaftsfachmann mit einschlägigem Studium in St. Gallen, einer Ausbildung als Volksschullehrer, einer nicht näher beschriebenen Tätigkeit in der Schweiz und Wohnsitz in einem Einzelzimmer in Baden. Zwischen Studium und Pension dürfte – einem wohl autobiografisch zu deutenden Blogeintrag vom 27. Juni 2013 zufolge – noch eine gescheiterte Selbstständigkeit, ein Job als Nachtportier und einer als Trainer liegen.

In der Schweiz lernte Schelling die direkte Demokratie kennen – und wenn er gewählt werden sollte, wolle er sich dafür im Parlament einsetzen.

Genauer nachfragen kann man nicht, denn Herr Schelling, der als Listenzweiter der Liste Gilt nun auf der Bundesliste an die Stelle von Günther Lassi nachrückt, wird von Gilt-Pressesprecher Philipp Schmidt abgeschirmt: "Wir gehen dazu über, dass es keinerlei Interviews mit den Kandidaten gibt, wir lassen uns auch auf keine Diskussion ein, wer Spitzenkandidat ist."

orlando furioso

Daher könne auch kein Gilt-Kandidat in ORF-Sendungen als Spitzenkandidat auftreten. Düringer habe aber gemerkt, dass er seine Prominenz nutzen könne, "gute Lösungen" zu finden, sagt sein Sprecher Schmidt. Die Einladungspolitik des ORF, der Lassi in die "ZiB 2" eingeladen hatte, zeige, "dass die Parteiinteressen der ORF-Führung korrekten und objektiven Journalismus unmöglich machen", meint Düringer.

Nähe zum Nationalsozialismus bestritten

Der ursprünglich per Los auf Platz eins gesetzte Esoteriker Lassi hat angekündigt, im Falle eines Wahlerfolgs der Liste Gilt auf sein Mandat zu verzichten, nachdem ihm wegen eines Online-Verweises auf "Die Protokolle der Weisen von Zion" Antisemitismus und Nähe zum Nationalsozialismus vorgeworfen worden war.

Lassi hat eine solche Nähe bestritten – er habe zwar auf seiner Leseliste auf das historische russische Pamphlet verwiesen, gleichzeitig aber auch auf Literatur, die "Die Protokolle der Weisen von Zion" als das Machwerk entlarven, das sie immer schon waren. Gilt protestierte gegen "die empörend falsche Berichterstattung".

Düringer sieht Kasperltheater

Düringer selbst sagt in einer Videobotschaft, Lassi sei von den Medien "zum Objekt gemacht worden, was glauben S', wie's dem jetzt geht? Er is' im Lazarett." Mit der Partei Gilt wolle Düringer "dieses politische Kasperltheater aufbrechen" – als gelernter Kabarettist ist er der Kasperliade aber nicht abhold, wenn er den Wiener Listenersten, einen IT-Consultant mit dem Namen Norbert Hofer (Biografie: "verheiratet, 1 Tochter, 2 Katzen") mit dem Slogan "Wer einmal schon für Hofer war, wählt Hofer auch in diesem Jahr" anpreist – eine Wiederbelebung der Flüsterparole für Adolf Schärf aus dem Jahr 1957, mit der alte Nazis geködert werden sollten: "Wer einmal schon für Adolf war, wählt Adolf auch in diesem Jahr."

Bei Gilt will man sich ohnehin weniger an Personen und mehr an Inhalten orientieren – diese werden auf einem "Prognosemarkt" von prediki.com gesammelt und Samstag nächster Woche in einem Bürgerparlament mit Prioritäten versehen. Dazu wird online eine Themensammlung durchgeführt, sodann werden 30 Personen eingeladen zu bestimmen, welches Thema Gilt als erstes aufgreifen soll. (Conrad Seidl, 31.8.2017)