Das Foto beweist: Briten und Europäer saßen am gleichen Tisch. Den Angaben nach der Pressekonferenz hätte man es nicht entnehmen können.

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Man sieht EU-Chefunterhändler Michel Barnier auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Brexit-Minister David Davis die Ernüchterung an, als er sagt, man habe "keinen entscheidenden Fortschritt bei den wichtigen Themen" erzielt. Damit sei der Zeitpunkt noch "ziemlich fern", an dem Gespräche über die zukünftigen Handelsbeziehungen beginnen könnten. Der Brite spricht hingegen von "konkretem Fortschritt", fordert die EU aber zu mehr Pragmatismus und Flexibilität auf.

Barniers Verhandlungsmandat sieht vor, dass zunächst drei Probleme geklärt werden müssen: die zukünftige Landgrenze zwischen Nordirland und der Republik im Süden der Grünen Insel; der zukünftige Status von mehr als drei Millionen EU-Bürgern in Großbritannien sowie rund einer Million Briten auf dem Kontinent; und vor allem die Finanzverpflichtungen des scheidenden Partners. Erst wenn dies gelöst sei, könne ein neuer Gipfel im Oktober grünes Licht für Gespräche über die Zukunft geben.

Im ORF berichtete Peter Fritz über Ergebnisse und Ergebnismangel bei den Brexit-Gesprächen.
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Im Vorfeld der nun zu Ende gegangenen Gesprächsrunde hatten die Briten sieben Papiere vorgelegt. Eines handelte von der irischen Grenze, die anderen waren Problemen wie justizieller Zusammenarbeit, dem Datenschutz und einer Art Zollunion mit der EU gewidmet. Damit wollte Davis "die Kommission unter Druck setzen", hieß es dazu aus dem Brexit-Ministerium.

Dublin verwirrt und beunruhigt

Der Minister bezeichnete die Abtrennung der drei Themen von der zukünftigen Beziehung zwischen der Insel und dem Kontinent erneut als künstlich: "Da gibt es unvermeidliche Überschneidungen." Hingegen machten die Briten offenbar keine Anstalten, ihr Vorschlagspapier zum Status der EU-Bürger vom Juni fortzuschreiben. Dieses war in Brüssel als unzureichend kritisiert worden.

Die Londoner Vorschläge zur Zukunft der irischen Grenze hätten ihn "verwirrt und beunruhigt", kommentierte der Dubliner Premier Leo Varadkar. Aus Brüssel kam sogar der Vorwurf, die Briten würden den Fortbestand der friedlichen bilateralen Beziehungen aufs Spiel setzen.

Weit entfernt scheint man bei der Frage zu sein, wie viel der bisher zweitgrößte Beitragszahler noch in die EU-Kasse einzahlen soll. Seriöse Berechnungen reichen von 30 bis 80 Milliarden Euro; beide Seiten haben dem Vernehmen nach bisher aber keine konkreten Zahlen auf den Tisch gelegt.

May bleibt bei hartem Brexit

Auf britischer Seite wurde beklagt, Barniers Team habe ein lediglich vierseitiges Papier zur Berechnungsgrundlage vorgelegt. Hingegen beklagten sich die EU-Unterhändler, sie hätten einen dreistündigen Vortrag der Briten über sich ergehen lassen müssen. Dabei sei aber keineswegs klar geworden, auf welcher Grundlage London seine Verpflichtungen erfüllen wolle. Umstritten sind beispielsweise die Kreditgarantien der Europäischen Investitionsbank für Projekte im Vereinigten Königreich.

Die Verhandlungen sind auch dadurch beeinträchtigt, dass die Regierung bisher nicht geklärt hat, wie das zukünftige Verhältnis zur EU-27 aussehen soll. Premierministerin Theresa May bekräftigte von Tokio aus, entscheidend sei noch immer ihre programmatische Rede vom Jänner mit dem harten Brexit. "Man kann nicht dem Binnenmarkt angehören, ohne gleichzeitig EU-Mitglied zu sein", sagte sie, offenbar in Unkenntnis der Tatsache, dass genau dieser Status auf Norwegen, Island und Liechtenstein zutrifft. Brexit-Minister Davis und der EU-freundlichere Finanzminister Philip Hammond regen hingegen eine mehrjährige Übergangsphase an, in der Vorschriften von Zollunion und Binnenmarkt weiterhin gelten könnten.

Die Labour-Opposition geht noch weiter: Um Schaden abzuwenden, solle man vier Jahre ohne Stimmrecht im Binnenmarkt bleiben. (Sebastian Borger aus London, 31.8.2017)