(3122) Florence ist zwar riesig, aber keine Gefahr für die Erde.
Illustr.: ESA

Wien – Florence Nightingale hatte zweifellos anderes im Sinne, als der Welt gefährlich zu werden. Nichtsdestotrotz hat Florence das Potenzial, weite Teile der Erde zu verwüsten – allerdings nicht die 1910 verstorbene Begründerin der modernen Krankenpflege, sondern der nach ihr benannte Asteroid (3122) Florence.

Dieser zählt als "potenziell gefährliches Objekt" zu jener Gruppe von Himmelskörpern, die der Erdbahn nahe kommen und über eine ausreichende Größe verfügen, um bei einem Impakt schwere Schäden zu verursachen. Am Freitag passiert der 4,4 Kilometer große Brocken unseren Planeten in einem sicheren Abstand von rund sieben Millionen Kilometern, und auch in den nächsten Jahrhunderten wird er lediglich in regelmäßigen Abständen vorbeischauen.

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Katastrophale Impakte

Der Impaktforscher Christian Köberl warnt anlässlich der Annäherung Florences dennoch vor der latenten Gefahr eines zerstörerischen Einschlags. Von den mittlerweile rund 700.000 bekannten Asteroiden zählen mehr als 15.000 zu den erdnahen Objekten. Ein Impakt eines mit Florence vergleichbaren Boliden könnte einen Krater mit einem Durchmesser von 80 Kilometern schlagen.

Zwei rund 35 Millionen Jahre alte Krater zeugen von den Folgen eines Einschlags dieser Größe: Während der Chesapeake-Bay-Impakt vor Virginias Küste vor allem Nordamerika betraf, hatte der Popigai-Einschlag in Sibirien weltweit katastrophale Folgen. Weder Zivilgesellschaft noch Regierungen sind laut Köberl auf ein derartiges Ereignis vorbereitet: "Dafür gibt es keine Notfallpläne", kritisiert der Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien. Bei so einem großen Impakt würden jedenfalls viele Millionen Menschen sterben.

Die ersten Radarbilder von (3122) Florence wurden am 29. August mit dem Goldstone-Observatorium der Nasa aufgenommen. Die Fotos der nächsten Tage sollen bedeutend mehr Details enthüllen.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Dichte und Geschwindigkeit

Man wisse noch viel zu wenig über die genaue Zusammensetzung der einzelnen Asteroiden. Um die Auswirkungen eines Impakts abschätzen zu können, reichen die Informationen über Geschwindigkeit und ungefähre Größe nicht aus. Wichtig sind Daten über die Porosität und die Dichte des Objekts, die bei einem Gramm pro Kubikzentimeter liegen kann, aber auch bei drei Gramm – je nachdem, ob es sich um Eisen, Stein oder gar eine "fliegende Sandbank" aus Asteroidenschutt handelt.

Köberl verfügt am NHM zwar über die älteste und eine der weltgrößten Meteoritensammlungen, doch sind diese Proben aus dem Weltraum durch den Flug durch die Erdatmosphäre verändert. Und auch die lange Reise durch das Sonnensystem beeinflusst die Oberfläche der Asteroiden: Kosmische Strahlung und Sonnenwind verursachen Weltraumerosion, es bildet sich Regolith.

(3122) Florence fliegt an der Erde in einer beruhigenden Distanz von sieben Millionen Kilometer vorüber. Andere Brocken könnten uns früher oder später aber durchaus gefährlich werden.
Illustr.: NASA/JPL-Caltech

Florence im Visier

Um mehr Informationen zu sammeln, wird Florence daher von einigen Teleskopen beobachtet. Das Goldstone Solar System Radar in Kalifornien und das Arecibo-Observatorium in Puerto Rico sollen Bilder der Oberfläche mit einer Auflösung von zehn Metern liefern.

Am 12. Oktober wird es zu einer weitaus näheren Begegnung kommen, wenn der Asteroid 2012 TC4 zwischen Erde und Mond vorbeirasen wird – auf den Tag genau fünf Jahre nach seinem jüngsten Vorbeiflug, vor dem er entdeckt worden war. Allerdings ist 2012 TC4 ein ganz anderes Kaliber als Florence: Sein Durchmesser wird auf lediglich zehn bis 30 Meter geschätzt. Damit ist er in derselben Kategorie wie der Tscheljabinsk-Meteorit. Bei dessen Fall im Februar 2013 wurden rund 1500 Menschen durch die Druckwelle verletzt – ein kosmischer Warnschuss: Der Weltuntergang kann auch unerwartet kommen. (Michael Vosatka, 31.8.2017)