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"Gottes Segen" wünschte Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am Ende seiner Rede dem Publikum. Danach war das Gedränge groß – was die Gerüchte um ein Comeback sprießen lässt.

Foto: dpa/Sven Hoppe

"Hoffentlich trifft es nicht uns ..." Die gepflegte ältere Dame versucht sich in der langen Schlange unauffällig vorzuschieben. "Ja, das wär echt schad', wenn wir nicht mehr reinkommen", meint auch ihr Mann und schaut nervös auf den Eingang der Stadthalle im fränkischen Kulmbach.

Doch die beiden haben, wie 1100 weitere Gäste, Glück. Sie schaffen es ins Innere, kurz nach ihnen aber wird die Tür geschlossen. Hunderte müssen draußen bleiben und können das Topereignis des Jahres in Kulmbach nur auf Bildschirmen verfolgen. Immerhin: Es gibt Bier in Massen.

Karl-Theodor zu Guttenberg ist wieder da. Nach sechsjähriger Absenz, nach Jahren in den USA, ist er nach Hause gekommen in seine fränkische Heimat, um der CSU beim Wahlkampf zu helfen. Der Ort Guttenberg, wo seine Familie seit Jahrhunderten lebt, liegt im Kreis Kulmbach. Jeder kennt ihn hier und natürlich auch seinen kometenhaften Aufstieg als Verteidigungsminister in Berlin – sowie seinen tiefen Fall, als herauskam, dass Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben waren.

"Vergangenheit ruhen lassen"

"Ach, die alte Geschichte", sagt auch das Ehepaar, das mittlerweile zufrieden seine Plätze in der nüchternen Halle eingenommen hat. "Es gibt wirklich Schlimmeres als ein bisschen abzuschreiben", meint sie. Und er ergänzt: "Der KT ist ein toller Politiker. Er hat Umgangsformen, kann hervorragend reden und ist blitzg'scheit. Man soll jetzt die Vergangenheit ruhen lassen. Hauptsache, er ist wieder da."

Der KT, der Karl-Theodor. Die Abkürzung ist zu seinem Markenzeichen geworden, und als er wenig später unter großem Jubel auf die Bühne tritt, rufen ganz viele enthusiasmiert "Ka-Te, Ka-Te!"

Guttenberg zeigt sich gerührt. Ganz vorne sitzen auch sein Vater Enoch und seine Frau Stefanie. "Danke für einen Applaus, wie ich ihn nie erwarten konnte und durfte", sagt er und betont: "Meine Heimat wird immer Oberfranken bleiben." Dort habe er in seinen "dunklen Stunden viel Aufmunterung und Freundschaft erfahren dürfen".

Selbstironie als Konzept

Er sei aber auch dankbar für "Spott und Häme" über sein "selbstverursachtes Versagen". Er habe "alle Konsequenzen ertragen. Aber, sagt er und atmet tief durch: "Jetzt ist es irgendwann auch mal gut." Bravo! Die Halle tobt, vermutlich ist keiner herinnen, der nicht der gleichen Meinung wäre.

Aber einer in puncto Selbstläuterung geht noch. Diese Selbstironie gehört jetzt dazu zum Konzept des neuen Guttenberg. Er erklärt, warum er lieber frei auf der Bühne herumläuft und nicht hinter dem Pult seine Worte spricht: "Ich turne hier herum, weil ich sonst Gefahr liefe, eine abgeschriebene Rede vorzulesen." Wieder sind das Gelächter und der Applaus für ihn groß.

Von der Innenpolitik verstehe er ohnehin nichts mehr, fährt er dann fort. Daher wolle er die Menschen auf einen "Streifzug" durch die Welt mitnehmen. Denn: "All die Krisen haben das Potenzial, Märkte zu erschüttern und weitere Flüchtlingsströme auszulösen."

Trump und die Glühbirne

Es geht los mit den USA. Wie ein Entertainer läuft Guttenberg auf der Bühne herum und fragt, ob jemand wisse, wie Donald Trump eine Glühbirne auswechsle. Man ahnt, was kommt. Und tatsächlich, Guttenberg erklärt: "Er steht auf einem Stuhl und wartet, dass die Welt sich um ihn dreht." Haha, das gefällt seinen Fans ebenso wie der Hinweis, dass Trump "nicht die hellste Kerze auf der Torte" sei.

Doch Guttenberg hat auch einen Tipp: Man dürfe nicht auf ein Amtsenthebungsverfahren hoffen, sondern müsse für die Zeit nach Trump gute Kontakte nach Washington knüpfen. Denn: "Nicht ganz Amerika besteht aus blonden Wüterichen."

Bezüglich der Türkei fordert er, Gespräche über eine Zollunion auf Eis zu legen, im Nordkorea-Konflikt eine politische Lösung – wobei er Kim Jong-un als "Dickmops mit dem lustigen Haarschnitt" bezeichnet.

Lob für Kanzlerin Merkel

Um bessere Beziehungen zu Russland solle man sich auch kümmern, aber das brauche nicht der "Gazprom-Gerd" Schröder machen, sondern Kanzlerin Angela Merkel. Bei ihr nämlich, so Guttenberg, sei Deutschland in "besten Händen".

Ein bisschen Innenpolitik gibt es dann doch noch, Guttenberg bekennt sich zur deutschen Leitkultur und fordert, Begriffe nicht zu verwässern: "Ein Christkindlmarkt ist kein Winterfest, ein Sankt-Martins-Umzug kein Lichterfest." Burka und Nikab will er in der Öffentlichkeit nicht sehen.

Unklare politische Ambitionen

Da ist es nicht weit zu "Gottes Segen", den er abschließend all seinen jubelnden Anhängern wünscht. Nur eine Frage hat er wieder nicht beantwortet: Ob er bereit ist, wieder in die deutsche Politik einzusteigen. Man munkelt ja, dass CSU-Chef Horst Seehofer ihn nach der Bundestagswahl als Minister nach Berlin schicken will und ihn 2018 in Bayern zu seinem Nachfolger machen möchte, um Markus Söder auszustechen. Nur so viel ist klar: Am Wahltag (24. September) wird Guttenberg in den USA sein.

Ein weiblicher Fan mit selbst gebasteltem weiß-blauem "KT-Schal" ist der Meinung: "Er muss zurückkommen. Er bringt einfach die Dinge so gut auf den Punkt, solche Politiker braucht Deutschland." Und die Doktorarbeit? Und seine Lügen? Die Dame rollt die Augen: "Schnee von gestern. Er ist jetzt bereit, Kanzler zu werden." (Birgit Baumann aus Kulmbach, 31.8.2017)