Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 30. August.

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Vatikanstadt – Papst Franziskus hat im Alter von 42 Jahren sechs Monate lang eine jüdische Psychoanalytikerin besucht. Das enthüllt der Papst in einem Gespräch mit dem französischen Soziologen Dominique Wolton, der jetzt ein Buch mit dem Titel "Politique et société" (Verlag L'Observatoire) veröffentlicht.

Sechs Monate lang hat Jorge Mario Bergoglio demnach im Zeitraum 1978/1979 wöchentlich die Psychoanalytikerin in deren Wohnung besucht. "Sie war eine sehr gute Person. Sechs Monate lang hat sie mir sehr geholfen", berichtete Bergoglio laut Zeitungsberichten vom Freitag. Er stand damals vor dem Beginn seiner Zeit als Rektor des Colegio Máximo, in dem Studenten ausgebildet wurden, die dem Jesuitenorden beitreten wollten. Wegen welcher Probleme er die Psychoanalytikerin aufsuchte, enthüllt der Papst nicht.

Kurz vor ihrem Tod ließ die Psychoanalytikerin den künftigen Papst zu sich rufen. "Sie wollte keine Sakramente, denn sie war Jüdin. Sie hatte mich für einen spirituellen Dialog gerufen", berichtete Bergoglio.

Zwölf Interview-Sitzungen

Zwölfmal ist der Soziologe Wolton in Begleitung eines Priesters, der als Dolmetscher diente, zum Papst in den Vatikan geflogen, um ihn zu interviewen. Franziskus schätze Wolton wegen eines Werks zu Ehren des französischen Kardinals Jean-Marie Lustiger, hieß es in italienischen Medien. Im Gespräch mit Wolton behandelte Franziskus Themen wie Islam, aktuelle Politik und seine Zukunftsvisionen.

Die Besuche Franziskus' bei der Psychoanalytikerin erinnern an den Film "Habemus Papam" des italienischen Regisseurs Nanni Moretti (2011). Darin übernimmt Moretti die Rolle eines streng atheistischen Psychiaters, der vom Rat der Kardinäle zur Behandlung des Papstes in den Vatikan berufen wird. Den depressiven Papst, der sich seinen Aufgaben nicht gewachsen fühlt, spielt der 85-jährige Michel Piccoli. (APA, 1.9.2017)