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Bei der Metallgewinnung wie hier im Kongo verlässt sich die EU fast gänzlich auf die Rohstoffgewinnung in anderen Regionen.

Foto: Reuters/ Jiro Ose

Wien – Wenn es um die eigenen Treibhausgasemissionen oder den Rohstoffabbau geht, hat Europa einiges in Bewegung gesetzt, um die Umwelt zu schonen. Doch derartige Ambitionen lassen einen Faktor außer Acht: den importierten Ressourcenverbrauch. In einer neuen Studie der Wirtschaftsuniversität Wien wurde nun der ökologische Fußabdruck der EU unter Einbeziehung der eingeführten Güter untersucht. Das Ergebnis: Während Europa beim Verbrauch eigener Materialien stark auf die Bremse gestiegen ist, sind die direkt und im Zuge der Verarbeitung indirekt eingeführten Rohstoffe sprunghaft angestiegen.

Produkte mit hohem Metallanteil

Das hängt mit dem wachsenden Bedarf an Lebensmitteln, Baustoffen und Produkten mit hohem Metallanteil zusammen, beispielsweise Autos, Haushaltsgeräte und Elektronikprodukte. Und: In vielen Branchen hat sich die Erzeugung dieser Güter im Zuge der Globalisierung aus Europa wegverlagert – in manchen Bereichen sogar zu 100 Prozent, erklärte Stefan Giljum. Er leitet die Forschungsgruppe "Nachhaltige Ressourcennutzung" an der WU Wien und analysiert in einem vom Europäischen Forschungsrat geförderten fünfjährigen Projekt die Import-Export-Relationen der Rohstoffgewinnung.

Das Ziel des Unterfangens: Verschiedene Importe haben höchst unterschiedliche Umweltfolgen. Klimawandel, Wasserknappheit oder Rodungen hängen auch davon ab, wo und wie der Ressourcenabbau erfolgt. Giljum nennt ein Beispiel: "Für die ökologischen Auswirkungen unseres Konsums, etwa auf die Wasserknappheit, macht es einen großen Unterschied, ob importierte Metalle aus sehr trockenen Regionen wie etwa der Atacama-Wüste in Chile stammen oder aus gemäßigten Klimazonen, in denen Wasser ausreichend vorhanden ist."

Mit der Forschung will Giljum eine empirische Grundlage für die Politik zur Entwicklung nachhaltiger Lieferketten erarbeiten. Derzeit werden Rohstoffe in armen Ländern ausgebeutet und in reiche Staaten geliefert. Der Handel verstärke somit globale ökologische Ungleichheiten. Wollten unterentwickelte Regionen wie Subsahara oder Südasien aufholen, müsste der Konsum von Ressourcen dort ansteigen. Und, so Giljum weiter: "In einer Welt, die ökologisch bereits an ihre planetaren Grenzen stößt, kann dieses Wachstum nur erreicht werden, wenn gleichzeitig der Rohstoffkonsum in den Hochverbrauchsregionen wie etwa Europa sinkt."

China baut für Europa ab

Einige Vorarbeiten für das aktuelle Forschungsprojekt liegen bereits vor. Während sich der Anteil des in der EU für den eigenen Konsum getätigten Rohstoffabbaus seit 1995 auf 35 Prozent fast halbiert hat, nehmen die Einfuhren massiv zu. Allein Chinas Lieferungen für den europäischen Konsum enthalten ebenso viele Ressourcen wie der Eigenanteil der EU. Zu erwarten ist, dass der massive Ausbau der Infrastruktur und der Transportwege in Asien einen weiteren Anstieg des Ressourcentransfers nach Europa bringen wird.

Eine Ausnahme gibt es allerdings: In Europa konnte der Anteil der Einfuhren fossiler Energieträger seit Mitte der 90er-Jahre konstant gehalten werden. Im Nahrungsbereich liegt der Eigenanteil der EU mit knapp 50 Prozent zwar relativ hoch, allerdings nehmen die Importe von Fleisch und pflanzlichen Produkten rasant zu. Dabei wird nicht nur die unmittelbare Liefermenge berechnet, sondern auch der anteilige Energie- oder Baustoffverbrauch in der Fleischproduktion oder in der Agroindustrie.

Mit 13 Prozent besonders niedrig ist der in Europa für den eigenen Konsum getätigte Abbau von Metallen. Kupfer, Eisenerz, Zink oder Edelmetalle kommen zunehmend aus China und Südamerika. Unterteilt man die großen Gruppen in Produktbereiche, verursacht der Bausektor mit seinen Vorprodukten den größten importierten ökologischen Fußabdruck in der Union. Dahinter folgen der Gesundheitssektor, zu dem auch Pharmazeutika gerechnet werden, und Lebensmittel. (Andreas Schnauder, 2.9.2017)