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Foto: AP/Ahn Young-joon

Experten sind noch dabei zu bewerten, was das Erdbeben beim nordkoreanischen Atomtestgebiet von 6,3 auf der Richterskala ausgelöst hat: Dass es wirklich eine ausgereifte Wasserstoffbombe war, wie Nordkorea selbst behauptet, bezweifeln manche, obwohl jüngste nordkoreanische Propagandafilme Anzeichen dafür liefern, dass die Technologie zumindest involviert war. Aber sicher ist, dass die Explosion mindestens fünf Mal stärker als frühere und dass Nordkorea sein Atomwaffenprogramm von allen Drohungen unbeeindruckt weiterentwickelt. Und das auch herzeigt – in diesem Fall eine wichtige Komponente des Programms.

Die Bomben werden immer stärker: Vom technischen Standpunkt ist jedoch daran zu erinnern, dass Art und Größe der Bombe eigentlich nicht das Problem sind, das Nordkorea hat, sich ein einsetzbares Atomwaffenarsenal aufzubauen. Im Gegenteil, so viel man weiß, muss Nordkorea noch den technisch schwierigen Schritt bewältigen, Sprengköpfe produzieren zu können, die klein und leicht genug für seine Langstreckenraketen sind. Aber nach den Fortschritten, die die nordkoreanischen Wissenschaftler in den vergangenen Jahren gemacht haben, besteht kein Zweifel, dass sie auch das noch meistern werden.

Es hat keinen Donald Trump gebraucht, dass Nordkorea diesen Weg beschreitet. Es war der erste Atomtest, seit Trump im Amt ist. Aber dem Spiel "Wie stoppe ich Pjöngjangs nukleare Ambitionen" war bereits ein Bill Clinton ausgeliefert, und der erste Atomwaffentest Nordkoreas fand in der zweiten Amtszeit George W. Bushs statt. Dennoch stimmt es, dass es sich, neben der komplexen geostrategischen Situation, auch um einen ganz eigenen Dialog zwischen dem derzeitigen US-Präsidenten und Kim Jong-un handelt. Das Rätselraten, wer von den beiden die erratischere Persönlichkeit ist, einmal dahingestellt: Nach seiner eigenen Logik agiert der nordkoreanische Diktator rational. Er will Trump zur Position zurückzubringen, die dieser schon einmal naiv-leichtfertig formuliert hat: Es wäre ihm eine "Ehre", sich mit Kim Jong-un hinzusetzen und zu reden.

Militärische Option

Warum auch immer Trump das damals twitterte, es widerspricht dem Trumpschen Instinkt, die Sache mit Gewalt zu lösen – und seine Vorstellung, das Problem des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms in einem Gespräch unter Männern bereinigen zu können, war ja auch bald wieder vom Tisch. Seither geistert die militärische Option herum. Die Generäle, die mittlerweile rund um Trump herum aufgebaut sind, werden ihn – hoffentlich – daran erinnern, dass die erste Frage vor einem Krieg diejenige sein muss, ob militärische Aktionen das erreichen können, was man erreichen will. Abgesehen von allen Gegebenheiten, die zu katastrophalen Folgen führen könnten: Es ist mehr als unsicher, ob die USA überhaupt eine halbwegs komplette Liste der Anlagen haben, die Teil des nordkoreanischen Atomprogramms sind. Die hat höchstens China.

Während die internationale Gemeinschaft in der Uno mit einem – nicht praktikablen, aber symbolisch bedeutsamen – Verbot von Atomwaffen einen neuen Weg geht, ist im Falle von Nordkorea die sicherheitspolitische Uhr stehengeblieben: Kim ist davon überzeugt, dass Atomwaffen das Überleben seines Regimes sichern und dass die USA den hohen Preis, den ein Krieg für ihre Verbündeten und vielleicht sogar für sich selbst bedeuten würde, nicht zu zahlen bereit ist. Und wahrscheinlich hat er sogar recht. (Gudrun Harrer, 3.9.2017)