Kira Grünberg soll die neue Behindertensprecherin der ÖVP im Parlament werden.

Foto: apa/Pfarrhofer

Wien – Es war die erste überraschende Personalentscheidung des neuen ÖVP-Chefs: Sebastian Kurz stellte Kira Grünberg, Österreichs Rekordhalterin im Stabhochsprung, die seit einem Trainingsunfall auf einen Rollstuhl angewiesen ist, Ende Juli als Tiroler Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl vor. Sie soll zudem Behindertensprecherin werden.

Zwei Wochen später zog der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer nach und präsentierte die nach einem ärztlichen Fehler querschnittgelähmte Gastronomin Barbara Krenn als steirische Spitzenkandidatin.

Wie ernst aber sind diese Wahlkampfsignale in Richtung einer Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen gemeint? Der Dachverband der österreichischen Selbstbestimmt-Leben-Bewegung (SLIÖ) hat da ganz offensichtlich seine Zweifel und kritisiert Sebastian Kurz jetzt in einem offenen Brief scharf.

"Team Kurz diskriminiert"

Das Team Kurz und die ÖVP diskriminiere Menschen mit Behinderungen, schreibt der Dachverband in einer Resolution. Seit Jahrzehnten kämpfe der Dachverband als NGO "für bauliche und kommunikative Barrierefreiheit, um Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft zu ermöglichen". Das sei aber scheinbar nicht bis zum Team Kurz durchgedrungen, denn jene vom Dachverband inspizierten Wahlkampfbüros von Kurz in Wien, Salzburg, Graz, Innsbruck oder Lienz seien für Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen nicht barrierefrei zugänglich.

"Dies stellt unserer Meinung nach eine Diskriminierung im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes dar und ist ein Beispiel dafür, wie leichtfertig in Österreich mit Grundrechten von behinderten Menschen umgegangen wird. SLIÖ kritisiert in aller Deutlichkeit, dass der Ausschluss von Menschen mit Behinderungen vom Team Kurz / der ÖVP in Kauf genommen wird", schreibt der Dachverband an Kurz.

Die beiden Spitzenkandidatinnen des Teams Kurz in Tirol und in der Steiermark, Kira Grünberg und Barbara Krenn, könnten jedenfalls die eigenen Wahlkampfbüros nicht oder nicht ohne fremde Hilfe benützen, wie es das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz eigentlich verlange.

Die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung verlangt vom Team Kurz die "sofortige Herstellung von umfassender Barrierefreiheit in seinen Wahlkampfbüros". (Walter Müller, 4.9.2017)