Südkorea übte als Reaktion auf Nordkoreas Atomtest einen Angriff auf Kim Jong-uns Atomtestanlagen.

Foto: AFP/South Korean Defence Ministry

Washington/Wien – Die USA verschärfen den Ton, aber vorerst scheint nichts etwas zu nützen. US-Verteidigungsminister James Mattis drohte nach dem jüngsten Atomtest Nordkoreas mit der Zerstörung des Landes, Donald Trump mit einem Atomschlag – aber nur Stunden später meldete Südkorea am Montag neue Provokationen des Nachbarn. Man habe Vorbereitungen für den nächsten Raketenstart beobachtet, teilte die Nachrichtenagentur Yonhap mit. Vermutlich handle es sich erneut um eine Langstreckenrakete.

China und Russland warnten beide Seiten kurz darauf in deutlichen Worten vor einer weiteren Eskalation. Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte, man befinde sich mittlerweile in einer Situation, in der jeder ungeschickte Schritt zu einer Explosion führen könne. Er forderte den "Stärkeren und Klügeren" daher auf, Zurückhaltung zu üben, so Rjabkow, der damit vermutlich die USA Donald Trumps meinte.

Russland gegen Manöver

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja bekräftigte die Unterstützung seines Landes für den seit längerem vorliegenden Vorschlag Chinas, Nordkorea solle sein Waffenprogramm aussetzen, wenn die USA und Südkorea im Gegenzug auf ihre gemeinsamen Militärmanöver verzichteten. US-Vertreterin Haley wies diesen Vorschlag aber als "beleidigend" zurück.

Der Stellvertreter Sergej Lawrows weilte gemeinsam mit Staatschef Wladimir Putin im chinesischen Xiamen beim Gipfel der Schwellenstaatenorganisation Brics, den Chinas Präsident Xi Jinping dort derzeit ausrichtet. Dieser ließ am Montag einen Sprecher seines Außenministeriums das wiederholen, was China in der aktuellen Krise schon oft gesagt hat: Man fordere eine Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel und rufe im Übrigen alle Beteiligten auf, an einer Lösung der Krise durch Dialog teilzuhaben.

US-Drohungen

Wenig erfreut reagierten die Brics-Staaten in Xiamen derweil auf die US-Drohungen, mit einer Handelsblockade gegen Nordkorea vorzugehen. Präsident Trump hatte in der Nacht via Twitter angekündigt, man überlege, den Handel mit allen Staaten zu stoppen, die Geschäfte mit Nordkorea machen. Dazu zählen neben zahllosen anderen Staaten auch China und Russland. Dass ein solches Embargo einfach durchsetzbar wäre, ist nicht anzunehmen.

In Südkorea gerät unterdessen Präsident Moon Jae-in immer mehr unter Druck. Noch Anfang Mai war der linksliberale Politiker, der im Wahlkampf auf Dialog und Deeskalation mit Nordkorea setzte, mit einer deutlichen Mehrheit ins Amt gewählt worden. Nun muss er immer wieder militärische Signale setzen, um im Wettstreit mit der konservativen Opposition und im Vergleich mit dem martialischen Auftreten Donald Trumps nicht völlig unterzugehen. Schon nach dem nordkoreanischen Raketentest vor einer Woche hatte er Kampfjets Bomben mit einer Sprengladung von insgesamt acht Tonnen nahe der Grenze zu Nordkorea abwerfen lassen. Diesmal befahl er der Armee ein noch klareres Signal: Nach Angaben des Verteidigungsministeriums übten Soldaten in der Nacht auf Montag einen Angriff auf das nordkoreanische Atomtestgelände Punggye-ri. Dabei seien auch Langstrecken- und ballistische Raketen eingesetzt worden.

Allianzen und Neutrale

Montagabend wollte der UN-Sicherheitsrat über die Krise in Nordkorea beraten. Dabei sollte es auch um die US-Forderung nach neuen Sanktionen gegen das Regime von Kim Jong-un gehen. Ob es dafür eine Zustimmung von China und Russland geben würde, war ungewiss. Die Außen- und Verteidigungsminister der EU wollen sich bei ihrem Treffen am Donnerstag und Freitag im estnischen Tallinn ebenfalls mit der Nordkorea-Frage befassen. Die Krise hat auch Bemühungen mehrerer EU-Staaten um eine stärkere verteidigungspolitische Kooperation neuen Aufwind gegeben.

Zugleich könnte im Atomkonflikt die Stunde der Neutralen schlagen: Die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard sagte Montag, ihr Land sei bereit, sich als Mediator einzuschalten. Allerdings müssten China und die USA Verantwortung wahrnehmen. Österreich berief derweil Nordkoreas Botschafter in Wien ins Außenamt, um gegen den Atomtest zu protestieren. (4.9.2017)