Nicht alle Tricks haben mit Leben und Tod zu tun: Viele Spiele bitten Spieler beispielsweise gleich zu Beginn, nach oben zu blicken. Dadurch wird ermittelt, ob das Game die Steuerung invertieren muss oder nicht.

Foto: Half-Life

Die meisten Videospiele wollen unterhalten, Spielern das Gefühl geben, ein Held zu sein. Um diese Illusion auf die Beine zu stellen, bedienen sich Entwickler einer Vielzahl von Tricks, die ohne genaue Kenntnisse über die programmiertechnischen Details kaum auffallen. Die Entwicklerin Jennifer Scheurle hat auf Twitter in einem mittlerweile überaus populären Thread andere Gamedesigner dazu aufgerufen, einige dieser gezielten Täuschungsmanöver zu verraten.

In letzter Sekunde und gerade noch

In der Vielzahl von Beiträgen wird beispielsweise erklärt, weshalb sich Kämpfe in "Assassin's Creed", "BioShock" oder "Doom" gerade dann so episch anfühlen, wenn der Spieler bereits sehr angeschlagen ist. Der Grund dafür: Der letzte Rest des Energiebalkens hält absichtlich eine Spur länger aus, als die Segmente davor, um den Spieler das Gefühl zu geben, sie hätten mit letzter Kraft noch das Blatt gewendet.

Ein ähnlicher Trick wurde bereits in "SystemShock" implementiert. Darin verursacht die letzte Kugel im Magazin doppelten Schaden. Um Brenzligkeit zu vermitteln und gleichzeitig Frustmomente zu verhindern, bedienen sich einige Shooter wie "BioShock" wiederum eines anderen Hilfsmittels. So feuern Gegner hier die erste Salve immer am Spieler vorbei, um nicht aus einem toten Winkel überrascht werden zu können. Noch ein Trick aus dem gleichen Spiel: Big Daddies laufen langsamer, wenn man nicht hinschaut. Auch damit wird vermieden, dass man überrumpelt wird.

Nachsichtige Gegner

Um virtuelle Helden nicht zu überfordern, machen sich Entwickler bei KI-Gegnern auch sonderbare Verhaltensweisen zunutze. In "Half-Life" beispielsweise greifen einen nie mehr als zwei computergesteuerte Widersacher auf einmal an, ohne es zu offensichtlich zu machen. Stehen dem Spieler mehr als zwei Feinde gegenüber, beginnt der Rest zu willkürlich ausgewählten Punkten zu laufen, was von Spielern als kluges Flankieren wahrgenommen wird. Tatsächlich aber wird so verhindert, dass einen zu viele Gegner auf einmal unter Beschuss nehmen.

In der Shooterserie "Halo" wiederum wurde eine Mechanik integriert, die den Effekt hat, dass man sich angsteinflößend fühlt: Streckt man einen stärkeren Feind nieder, schreien kleinere Gegner (in dem Fall Grunts) auf und ergreifen die Flucht.

Gewollte Cheats

Ein Designer von "Serious Sam" verrät, wie es sein kann, dass man gleichzeitig präzise an Deckungen vorbeischießen kann und Monster selbst bei ungenauerem Zielen zu gut trifft: Steht man in der nähe eines Objekts, nimmt das Projektil wie von Zauberhand einen kleineren Durchmesser an.

Die Grenze zum Cheaten wurde hingegen bei Epics Shooter "Gears of War" überschritten. Um Einsteigern in Multiplayermatches einen Startvorteil zu geben, wird deren Schadenswirkung in der ersten Partie erhöht. Dadurch sollen auch Neulinge ein Erfolgserlebnis haben und nicht gleich frustriert wieder aussteigen.

Musikalisch in den Tod

Wer die Angriffsroutinen der gefürchteten Bosse in "Dark Souls 3" durchschauen möchte, sollte auf die Hintergrundmusik achten. Denn die Bewegungsmuster sind dem Rhythmus angepasst. Das fiese daran: Einzig ein Endgegner sieht von diesem Schema ab, weshalb er den meisten Spielern als härtester Widersacher erscheint – selbst wenn sie den Musiktrick gar nicht bewusst wahrgenommen haben.

Einen ebenfalls psychologisch eindrucksvollen Trick, der aber gänzlich ohne Programmieraufwand auskommt, implementierte – wie kürzlich berichtet – das Team hinter dem Action-Adventure "Hellblade: Senua's Sacrifice". Darin wird Spielern zu Beginn des Abenteuers angedeutete, dass man bei zu vielen Toden seinen gesamten Spielfortschritt verlieren kann – was sich nachträglich allerdings als unwahr herausstellte. (zw, 5.9.2017)

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