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Komplexe Filmszenen mit jeder Menge Special Effects: Filme wie "Star Wars" greifen heute anstelle von Storyboards auf aufwendige 3D-Prävisualisierungen zurück.

Foto: Walt Disney Co. / Everett Collection / picturedesk.com

Wien – Aus Text werden Zeichnungen, aus Zeichnungen Film: Der Weg, den ein Filmstoff vom Drehbuch bis ins Kino zurücklegt, führte während des Großteils des 20. Jahrhunderts über Storyboards, gezeichnete Versionen des Drehbuchs. Heute ist das in vielen Fällen nicht mehr so. Gerade bei kostspieligen Produktionen sind aus den Zeichnungen, die dem Film vorausgehen, aufwendige 3D-Animationen geworden. Sie werden Prävisualisierungen genannt.

"Für die großen Hollywoodstudios sind Prävisualisierungen ein fester Bestandteil der Produktion", erklärt Kai Erenli, Studiengangsleiter für Film, TV- und Medienproduktion der FH des BFI Wien. Komplexe Filmsequenzen werden mit all ihren Einstellungen, Effekten und Stunts in computergenerierten 3D-Welten simuliert. Kamera, Licht, Szenenaufbau – all das wird bereits berücksichtigt. "Bei der Entwicklung des Millenniumfalken, des berühmten Raumschiffes der Star Wars-Filme, wurde die charakteristische Kuppel der B29-Bomber aus dem Zweiten Weltkrieg zum Vorbild genommen. Damals konnte man sich nur von Bildern inspirieren lassen, heute kann man die Bilder selbst während der Produktion manipulieren", sagt Erenli.

Die Daten für diese Rohfassungen können dabei beispielsweise von sogenannten Motion-Capturing-Systemen stammen, mittels derer die Bewegungen der Schauspieler durch spezielle Sensoranzüge aufgezeichnet und – auch in Echtzeit – in die Computeranimation übertragen werden. "Prävisualisierungen werden oft herangezogen, um über Investitionen in eine Produktion zu entscheiden", sagt der Medienforscher. Natürlich sind die Techniken auch für Videospiele und Animationsfilme ein wichtiges Thema.

Theaterstück bis Werbefilm

Erenli ist neben der FH-Tätigkeit für das Wiener Animationsstudio Arx Anima tätig, das am EU-Projekt First Stage beteiligt ist. Gemeinsam mit Partnern wie der Universität Bremen oder dem Landestheater Linz werden Technologien und Schnittstellen entwickelt, um der Kreativindustrie abseits großer Filmstudios einfache Werkzeuge in die Hand zu geben, um bei allen Arten von Produktionen – vom Theaterstück bis zum Werbefilm – 3D-Prävisualisierungen verwenden zu können.

Die Previz-Techniken sollen damit zugänglicher und breiter verfügbar werden. "Virtual Reality und Motion-Capture sind Techniken, die man durchaus auch massentauglich machen kann", betont Erenli. Gerade in der Prävisualisierung von Medienproduktionen für Kunden könnte sich der Ansatz laut dem Medienforscher bewähren. "Wenn klar ist, wie das fertige Produkt aussehen wird, kommt es vielleicht weniger oft zu Missverständnissen und Streit."

Zeit- und Kostenersparnis

Layout und Texturen eines Raumes könnten dabei schnell per Drag-and-Drop aus einschlägigen Datenbanken zusammengestellt werden, eine Anbindung an ein Motion-Capturing-System soll den Szenen in Windeseile Leben einhauchen. Mit besser werdender Technik könnten die Prävisualisierungen künftig auch direkt Eingang in die fertigen Filme finden, Vorproduktion und Produktion würden auf diese Art nahtlos ineinander übergehen – für Erenli eine "riesige Kostenersparnis".

Der Medienforscher hat die "Prävisualisierung für jedermann" auch in die Fachhochschullehre gebracht. Dort macht er sich mit seinen Studierenden über den Einsatz der neuen Technologien in der wirtschaftlichen Praxis Gedanken – und damit im für Filmproduktionen "magischen Dreieck" aus Kosten, Qualität und Zeit.

Markttauglichkeit

Unter welchen Bedingungen ist Prävisualisierung zielführend? Machen die Previews auch tatsächlich das Produkt besser? Wie kann ich die Technologien in meinen Produktionsprozess einbinden? Derartige Fragen sollen die Studierenden im Rahmen ihrer "Going to market"-Untersuchungen beantworten. Einschlägige Praktika sollen helfen, Kontakte in der Branche zu knüpfen.

Nicht zuletzt könnten neue Werkzeuge helfen, Europa bei der Produktion eigener Inhalte aufholen zu lassen. Vielleicht sind dann 30-Prozent-Quoten, wie sie die EU vor kurzem für den Streamingdienst Netflix beschlossen hat, irgendwann überflüssig. (Alois Pumhösel, 9.9.2017)