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Eine südkoreanische Seniorengruppe forderte am Dienstag in Seoul die Stationierung amerikanischer Atombomben im Land.

Foto: AP / Ahn Young-joon

Spätestens diese Woche ist Moon Jae-ins linksliberale Regierung auf dem Boden der innerkoreanischen Realität angekommen: Über Monate hatte Südkoreas Präsident die Hand nach Pjöngjang ausgestreckt, stellte Hilfsprojekte in Aussicht und suchte neben der Sanktionspolitik stets auch den Dialog.

Sein Gegenüber Kim Jong-un hingegen zeigte nicht nur die kalte Schulter, sondern hat sein Atom- und Raketenarsenal mit großer Geschwindigkeit ausgebaut. In Kims Logik macht es schließlich keinen Sinn, in direkte Gespräche mit Südkorea zu treten. Seiner Auffassung nach ist der Süden nämlich nur ein von den USA besetzter Marionettenstaat.

Moon gerät nun unter Druck, Härte zu zeigen. Am Dienstag forderte Seouls Verteidigungsministerium stärkere Sanktionen, laut Außenministerin Kang Kyung-wha sollte auch ein Ölexportstopp diskutiert werden. Das würde die desolate Wirtschaft Nordkoreas wohl vollständig zum Erliegen bringen. Auch führte Südkoreas Marine Manöver durch.

Atombomben gegen Atombomben

Vielen Südkoreanern geht das aber nicht weit genug. Am Dienstag hat sich wieder eine konservative Seniorengruppe vor dem Präsidentensitz versammelt, um lautstark Atombomben aus Washington zu fordern. "Wir wollen keine Geiseln nordkoreanischer Atombomben sein", sagt Soh Kyung-suk, der die Demo mitorganisiert hat: "Der einzige Ausweg ist, dass wir auf Atombomben mit eigenen Atombomben entgegnen." Unter der Regierung von Präsident George H. W. Bush waren Anfang der Neunziger Jahre US-amerikanische Nuklearwaffen aus Südkorea abgezogen worden.

In der Zivilgesellschaft hält man hingegen wenig von solchen Forderungen. "Bei Moons Dialogpolitik geht es vor allem darum, eine längerfristige Friedensvision zu haben", sagt Friedensaktivist Lee Hyun-young. In diesem Sinne, sagt Lee, sei die Nordkorea-Politik der Regierung nicht gescheitert.

Aber egal welche Option Südkoreas Präsident ergreift – im Zwist zwischen Pjöngjang und Washington nimmt Seoul derzeit nur eine Statistenrolle ein.

"Natürlich habe ich Angst", sagt die 36-jährige Han Jeong-hyun, die mit ihrem fünf Monate alten Sohn auf den Rathausplatz gekommen ist. In der Zeitung hat sie ein düsteres Szenario gelesen. "Hätte Nordkorea eine solche Bombe in Seoul abgeworfen, dann wäre ich sofort gestorben. Ich möchte, dass meine Kinder in Frieden aufwachsen." (Fabian Kretschmer aus Seoul, 6.9.2017)