Bild nicht mehr verfügbar.

Der Putin-Vertraute und Rosneft-Chef Igor Setschin äußerte sich erstmals zu den Bestechungsvorwürfen gegen Ex-Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew.

Foto: Reuters / Sergei Karpukhin

Moskau – "Nimm das Körbchen mit", ermuntert Rosneft-Chef Igor Setschin seinen Gast. "Von Iwanitsch", steht auf den Wurstpaketen, die darin liegen. Iwan(ow)itsch ist der Vatername Setschins, und die Wurstpakete stammen aus eigener Produktion und eigenem Abschuss. Gewöhnlich schenkt sie der mächtige russische Ölmanager Freunden und Partnern.

Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew ist kein Freund. Laut Setschin jedenfalls ist er Erpresser, der zwei Millionen Dollar (1,7 Millionen Euro) forderte und drohte, andernfalls die Geschäfte Rosnefts zu behindern. "Das ist ein Verbrechen, da gibt es nichts zu diskutieren", bekräftigte Setschin nun noch einmal die Vorwürfe, aufgrund derer Uljukajew seit zehn Monaten in Untersuchungshaft sitzt; seit er mit ebenjenem Wurstkörbchen und einer Tasche voll Bargeld aus dem Rosneft-Büro spaziert ist. Doch der Prozess wirft einige Fragen zu Setschins Rolle auf.

Uljukajew behauptet, in eine Falle gelockt worden zu sein. Er habe geglaubt, in der Tasche sei lediglich Wein. Das hatte er auch bei der Verhaftung angegeben, als die Ermittler ihn nach dem Inhalt der Tasche fragten.

Anweisung erfüllt

Das Gesprächsprotokoll, das die Staatsanwaltschaft als Beweis für die Schuld des Ex-Ministers präsentierte, lässt zumindest viele Deutungen offen. Einzig Setschins Bemerkung auf Band, dass die "Anweisung" des Ministers erfüllt worden sei, lässt sich als Erfüllung der Bestechungsforderung interpretieren. Uljukajew geht darauf allerdings nicht ein.

Ein Beweis sei das daher nicht. "In den Protokollen ist überhaupt nichts Handfestes drin", klagt der inzwischen zur Opposition gewechselte Ex-Vizeenergieminister Wladimir Milow. Wenn es Beweise für eine Schuld Uljukajews gibt, solle die Staatsanwaltschaft sie endlich präsentieren, sonst sehe vieles nach einem abgekarteten Spiel aus, mahnt Milow.

Uljukajew hatte im vergangenen Jahr lange gegen die Beteiligung der staatlichen Rosneft an der "Privatisierung" des kleineren Ölkonzerns Baschneft opponiert. Am Ende setzte sich Setschin dank seines direkten Drahts zu Präsident Wladimir Putin und eines laut Experten überteuerten Angebots (fünf Milliarden Dollar) für Baschneft aber durch.

Yukos-Verbindungen

Setschin gilt auch als treibende Kraft bei der Inhaftierung des Ex-Oligarchen Michail Chodorkowski und der Zerschlagung seines Yukos-Konzerns, auf dessen Trümmern Setschin später sein eigenes Rosneft-Imperium aufbaute.

Daher halten sich hartnäckig Gerüchte, dass die Festnahme Uljukajews eine Machtdemonstration des passionierten Jägers Setschin war, die anderen Beamten als Warnung dienen soll, ihm bei seinen Geschäften nicht in die Quere zu kommen – ansonsten droht ihnen der Abschuss. Uljukajew hat in dem Prozess noch nicht ausgesagt. Seine Angaben zu dem Fall dürften spannend werden. (André Ballin, 6.9.2017)