Recep Tayyip Erdoğan, Präsident.

Foto: APA/AFP/Altan

Ankara – Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Stimmung in Europa mit dem Aufstieg des Faschismus vor dem Zweiten Weltkrieg verglichen. "Denn wisst ihr, wohin diese Annäherung Europa hinführt? Sie treibt es zusehends in das politische Klima vor dem Zweiten Weltkrieg", sagte Erdoğan am Mittwoch vor Mitgliedern der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Ankara.

Dabei bezichtige er niemanden, "ein Nazi" zu sein. "Ich lege die Situation nur dar. Was geschieht, ist Nazismus. Was geschieht, ist Faschismus." Erdoğan kritisierte, dass die Türkei und er selbst in Deutschland Wahlthema seien: "Ständig beschäftigen sie sich mit der Türkei. Dauernd beschäftigen sie sich mit Erdoğan. Was hat Erdoğan euch denn getan? Finden diese Wahlen etwa in der Türkei statt oder in Deutschland? Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten."

"Ja nicht Türkenfeinde" wählen

Die in der Bundesrepublik lebenden Türken forderte er erneut auf, ihre Stimmen "ja nicht den Türkeifeinden" zu geben. So hatte Erdoğan in der Vergangenheit die CDU, die SPD und die Grünen bezeichnet.

Außerdem halte die Türkei unter der AKP weiterhin an ihrem Ziel fest, Vollmitglied der EU zu werden. Die Türkei habe ihre Auflagen für eine Mitgliedschaft erfüllt, die EU habe aber ihre Versprechen nicht eingehalten, so Erdoğan. Die Anklagen vonseiten der EU seien "nicht zu dulden".

Nazismus, Faschismus...

Erdoğan zeigte sich empört darüber, dass Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Martin Schulz in ihrem TV-Duell ein Ende der EU-Beitrittsverhandlungen ins Gespräch gebracht hatten. "Dieser Vorgang ist Nazismus, er ist Faschismus", sagte er.

Erdoğans Äußerungen reihen sich ein in eine Serie scharfer verbaler Attacken türkischer Politiker auf deutsche Kollegen. Der Präsident hatte der deutschen Bundesregierung bereits im Frühjahr vorgeworfen, sie wende "Nazi-Methoden" an, weil sie seinen Ministern Wahlkampfauftritte in Deutschland vor dem Referendum über die neue türkische Verfassung untersagt hatte.

...Rassismus

Der türkische Europaminister Ömer Celik warf Deutschlands Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) vor zwei Wochen "Rassismus" vor. Er verhalte sich wie Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der "ein Feind der Flüchtlinge und ein Symbol einer rassistischen Politik" sei, so Celik.

Die deutsch-türkischen Beziehungen befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Grund für die Spannungen sind unter anderem die Kritik der deutschen Bundesregierung am harten Vorgehen von Erdoğans Regierung nach dem gescheiterten Putschversuch vom vergangenen Jahr und die Festnahme deutscher Staatsbürger in der Türkei. (APA, 6.9.2017)