Goffin-Kakadus wissen mit selbstgemachten Werkzeugen umzugehen.
Foto: Bene Croy

Wien – Die in Indonesien beheimateten Goffin-Kakadus benötigen in der freien Natur keine Werkzeuge. Die Forschergruppe um Alice Auersperg (Uni Wien und Veterinärmedizinische Uni Wien) hat schon mehrfach zeigen können, dass diese Kakadus bei Bedarf aber sehr wohl geschickt genug sind, Werkzeuge herzustellen und einzusetzen.

Die jüngste Errungenschaft der Tiere, über die Auersperg mit Erstautorin Isabelle Laumer in den "Proceedings of the Royal Society B" berichtet: Erstaunlicherweise schaffen es die Kakadus, Haken- und Stoßwerkzeuge herzustellen, ohne jemals zuvor in ihrem Leben Haken gesehen oder benutzt zu haben.

Die außergewöhnlichen Intelligenzleistungen von in Gefangenschaft gehaltenen Indonesischen Goffin-Kakadus sind hinlänglich bekannt. So beißen sie etwa mit ihrem kräftigen Schnabel längliche Splitter aus einem Holzbalken oder richten einen verzweigten Ast so zurecht, dass sie damit eine Cashewnuss holen können, die außerhalb der Reichweite liegt.

Video: Drei von 13 Versuchstieren bogen sich einen Haken zurecht und holten damit einen kleinen Korb mit Leckereien aus einem Glasrohr.
Laumer

Drei Genies unter dreizehn Vögeln

Um in dem neuen Experiment an eine Cashewnuss in einem Körbchen zu gelangen, mussten die Tiere einen Draht zu einem Haken verbiegen, das Werkzeug richtig herum in eine durchsichtige Röhre einführen, den Haken in den Henkel einhängen und das Körbchen hochziehen, so Isabelle Laumer vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien und Alice Auersperg vom Messerli Forschungsinsitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dies schafften drei von dreizehn Vögel.

Vier der Vögel konnten auch ein im rechten Winkel gebogenes Stück Draht geraderichten, um damit eine Nuss aus einem waagrecht befestigten Röhrchen zu stoßen, berichten sie. Die einzelnen Tiere entwickelten beim Drahtbiegen unterschiedliche Techniken, was zeigt, dass sie das Problem jeweils ganz individuell lösten, und nicht auf stereotype Verhaltensmuster zurückgegriffen haben, erklärte Auersperg. Ihre Intelligenz erlaube es ihnen augenscheinlich, ungewöhnliche Aufgaben zu bewältigen, die sie in der freien Wildbahn üblicherweise nicht antreffen.

Auch mit Stoßwerkzeugen zum Herausschieben der Nüsse konnten die Vögel umgehen.
Foto: Bene Croy

Natürlicher Werkzeuggebrauch bei Krähen

Lange Zeit hat die Fachwelt nur Menschen und Menschenaffen die Fähigkeit zugestanden, Werkzeuge zu benutzen und herzustellen. 2002 wurde aber die Neukaledonische Krähe "Betty" von britischen Forschern beobachtet, wie sie spontan einen Draht zu einem Haken bog, um damit an Futter zu gelangen. Dinge hin- und herzubiegen gehört aber zum natürlichen Verhaltensrepertoire von Krähen beim Nestbauen, deshalb könnte das Hakenbiegen bei ihnen quasi genetisch programmiert sein.

Goffin-Kakadus bauen hingegen keine Nester, sondern suchen sich bereits existierende Baumhöhlen zum Brüten. Deshalb sei diese Verhaltensweise bei ihnen wohl nicht vererbt, sondern ausschließlich ihrer kreativen Intelligenz geschuldet, meinen die Wiener Forscherinnen. (red, APA, 7.9.2017)