Ehe Wildhunde auf die Jagd gehen, stimmen sie niesend ab. Mit Leittier im Bunde ist das ein kurzer Prozess.

Foto: King

Sydney/Wien – Man weiß ja, dass Menschen nicht die einzigen Lebewesen sind, die demokratische Entscheidungen treffen. Manche Verhaltensbiologen behaupten sogar, dass sie auch nicht die Erfinder der Demokratie sind – Vögel und Paviane leben jedenfalls mit vergleichbaren Entscheidungsprozessen in Gruppen. Nun hat ein internationales Wissenschafterteam unter Tieren ähnliche Vorgänge beobachten können, von deren Rudeln man bisher annahm, dass sie gar nicht demokratisch, sondern hierarchisch aufgebaut sind: bei den afrikanischen Wildhunden in Botswana, einer bedrohten Art. Interessant erscheint die Art der Abstimmung über den Beginn der Jagd: Die Tiere niesen.

Neil Jordan et.al.

Die wissenschaftliche Arbeit des Teams, das am Botswana Predator Conservation Trust arbeitet, erschien kürzlich im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B". Senior-Autor Neil Jordan von der UNSW Sydney und der Taronga Conservation Society Australien wird in einer Presseaussendung zur Arbeit zitiert. Demnach zeigten die Tiere nach Ruhephasen sehr auffällige Begrüßungszeremonien, ehe sie sich wieder gemeinsam auf die Beutejagd begaben. Jordan nennt das "social rallies" und beschreibt, dass die Hunde hier zu niesen begannen.

Niesen als Abstimmungssystem

Er hat mit seinem Team 68 solcher Zusammenkünfte von fünf unterschiedlichen Wildhundrudeln beobachtet. Die Analyse ergab ein überraschendes Ergebnis: Je mehr die Hunde am Niesen waren, desto wahrscheinlicher war, dass die Jagd begann. Jordan: "Das Niesen war offensichtlich ihr Abstimmungssystem." Ursprünglich dachte man ja, dass Wildhunde mit dem Niesen bloß ihre Atemwege frei machen wollten.

Eine interessante Variante der demokratischen Zusammenkunft wurde freilich auch beobachtet: Wenn die im Rudel dominierenden Tiere an der Zusammenkunft teilnahmen, sah man die Hunde seltener niesen. Das heißt nicht, dass diese ranghöheren Tiere nicht auf lange "Diskussionen" aus waren. Das bedeutet, schreiben die Wissenschafter, dass offenbar nicht jede demokratisch eingeholte Stimme gleich wichtig war. Eine Erkenntnis, die so manche Assoziation zu menschlichen Gesellschaftssystemen zulässt. (Peter Illetschko, 8.9.2017)