Zerstörungen durch den Hurrikan Irma auf der Karibikinsel St. Martin.

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Zerstörtes Haus in Puerto Rico. Im größten US-Außengebiet waren am Donnerstag eine Million Menschen ohne Strom.

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Sturmschäden auch in der Dominikanischen Republik.

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Leere Supermarktregale in Miami.

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Miami / San Juan – Hurrikan Irma ist in der Nacht auf Freitag über die Karibik hinweggezogen und hat dabei mindestens 19 Menschen das Leben gekostet. "Es ist, als wäre jemand mit einem Rasenmäher vom Himmel über die Insel gegangen", so eine Augenzeugin auf dem Inselteil Sint-Maarten. Irma ist einer der stärksten jemals registrierten Wirbelstürme im Atlantik.

Das US-Hurrikanzentrum stufte den Wirbelsturm am Freitag zwar kurz auf die zweithöchste Stufe vier herab (siehe "Wissen" unten), nannte ihn aber weiterhin "extrem gefährlich". Am späten Freitagabend (Ortszeit) ist der Hurrikan in Kuba auf Land getroffen. Da galt längst wieder die höchste Kategorie 5. Der Wirbelsturm prallte auf das Camaguey-Archipel, wie US-Meteorologen mitteilten. In den USA wuchs die Nervosität. 5,6 Millionen Menschen wurden in Florida zur Evakuierung aufgerufen.

Flugzeugträger unterwegs

Die Armee mobilisierte tausende Soldaten. Der Flugzeugträger "Abraham Lincoln" samt Begleitgruppe wurde vorsorglich Richtung Florida entsendet. Die Schiffe seien dafür ausgerüstet, medizinische Hilfe zu leisten, Kommunikation sicherzustellen und Lufttransporte sicherzustellen, erklärte die Marine.

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Für die gesamte Südküste Floridas, vom Atlantik bis in den Golf von Mexiko, gilt eine Warnung vor bis zu drei Meter hohen Wellen.

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Eine Spur der Verwüstung: Zerstörte Häuser auf den British Virgin Islands.
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Es wird erwartet, dass der Sturm Florida am späten Samstag oder Sonntag erreicht. Das Zentrum des Hurrikans sollte am Sonntagvormittag (Ortszeit) die Inselgruppe der Florida Keys auf Höhe von Marathon erreichen. Nach jüngsten Vorhersagen könnte er dort mit Windstärken von bis zu 257 Kilometern pro Stunde an Land treffen. "Nirgends auf den Florida Keys wird es sicher sein", schrieb der Nationale Wetterdienst im Kurznachrichtendienst Twitter. Noch hätten die Menschen Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Die Inselkette hat rund 70.000 Einwohner.

Für die gesamte Südküste Floridas, vom Atlantik bis in den Golf von Mexiko, gilt eine Warnung vor bis zu drei Meter hohen Wellen. Nach den Vorhersagen könnte der Sturm in Richtung der Westküste Floridas abschwenken und nicht direkt über die Metropolregion Miami hinwegziehen, in der 5,5 Millionen Menschen leben. Dennoch warnten Meteorologen an beiden Küsten der Halbinsel vor orkanartigen Winden und meterhohen Sturmfluten.

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Die Evakuierungsmaßnahmen wurden mancherorts dadurch erschwert, dass das Benzin knapp wurde. Das Weiße Haus zeigte sich beunruhigt. Die Regierung hob eine gesetzliche Regelung auf, wonach nur Tanker unter US-Flagge Treibstoff von einem amerikanischen Hafen zu einem anderen liefern dürfen, wie der Heimatschutzberater des Weißen Hauses, Tom Bossert, sagte.

Modelle des Hurrikanzentrums sehen "Irmas" Zug bis hinauf nach Atlanta reichen. In seiner Folge werden Überflutungen auch an den Küsten Georgias sowie South und North Carolinas erwartet. Warnungen gelten auch für Küstenstädte wie Savannah und Charleston.

In den USA, wo zuvor durch Hurrikan "Harvey" 60 Menschen getötet wurden und Schäden von bis zu 180 Milliarden Dollar entstanden, riefen die US-Behörden wegen Irma erneut den Notstand aus.

Trump appelliert an Bevölkerung

Auch Donald Trumps sogenanntes "Winter White House" Mar-a-Lago muss Berichten zufolge geräumt werden. Der Golfclub in der Stadt Palm Beach liegt in einer Evakuierungszone der US-Behörden, wie die Zeitung "Sun Sentinel" berichtete. Trump appellierte am Freitag an die Bevölkerung: "Wir wollen, dass ihr Euch schützt, seid sehr, sehr wachsam und vorsichtig." Auf Twitter schrieb er: "Irma hat epische Ausmaße, vielleicht größer als wir es jemals gesehen haben. Passen Sie auf sich auf und gehen sie ihm aus dem Weg, wenn möglich."

Einstellung von Flugbetrieb

US-Fluggesellschaften versuchten vor dem Eintreffen Irmas in Florida so viele Kunden wie möglich aus dem Gefahrengebiet auszufliegen. American Airlines bot nach Angaben vom Donnerstag 16 zusätzliche Flüge von Miami aus an. Delta stellte mehr und größere Flugzeuge bereit, um die Zahl der Plätze um 2.000 zu erhöhen. United Airlines plante sechs zusätzliche Flüge.

Alle drei Fluglinien wollten Freitagabend ihren Flugbetrieb in Florida weitgehend einstellen. Die Flughäfen von Orlando und Fort Lauderdale kündigten an, von Samstagabend an den Betrieb einzustellen, wie CNN berichtete. Die Austrian Airlines (AUA) haben von Freitagnachmittag bis Sonntag alle Flüge zwischen Wien und Miami gestrichen.

Auch Großbritannien, Frankreich und die Niederlande entsandten Soldaten und Marineschiffe.

Saint-Martin fast komplett zerstört

Die zwischen den Niederlanden und Frankreich geteilte Insel Sint-Maarten beziehungsweise Saint-Martin wurde von Irma schwer getroffen. Der französische Teil sei "zu 95 Prozent zerstört", zitierte die britische Zeitung "Guardian" einen örtlichen Beamten. Es gebe keinen Strom, ein Großteil der Straßen sei unpassierbar. Der französische Innenminister Gérard Collomb bezifferte die Zahl der Toten dort und in den anderen französischen Überseegebieten auf acht. In Saint-Martin wurde von den Behörden eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Die Sperre gilt von 19.00 Uhr abends bis 7.00 Uhr morgens (Ortszeit). Die Maßnahme soll zumindest bis Mittwochmorgen in Kraft bleiben, um – auch wegen der Bedrohung durch den herannahenden Hurrikan "Jose" – das Risiko für Menschen und Eigentum zu minimieren.

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Nach Einschätzung von Experten auf den französischen Karibikinseln Saint Martin und Saint Barthelemy Schäden in Milliardenhöhe angerichtet. Es werde mit mindestens 1,2 Milliarden Euro gerechnet, teilte der vom französischen Staat kontrollierte Rückversicherungsverband Caisse Centrale de Reassurance am Samstag mit. 23 Menschen seien verletzt worden.

Zerstörungen in Orient Bay auf Saint-Martin.
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Bereits zuvor war je ein Mensch auf Anguilla (Großbritannien) und Barbuda gestorben. Außerdem gab es Berichte über Plünderungen. Zudem werden weiter Menschen vermisst. "Es gibt eine gewisse Anzahl, die als vermisst gelten", sagte Frankreichs Überseeministerin Annick Girardin Freitagfrüh dem Sender BFMTV. Der staatseigene französische Rückversicherer CCR rechnet damit, dass die Sturmschäden auf den französischen Karibikinseln deutlich über 200 Millionen Euro liegen. Das sagte CCR-Chef Bertrand Labilloy am Freitag im Sender CNews. Es sei allerdings noch viel zu früh, um präzise Zahlen zu geben.

Meterhohe Wellen in Puerto Rico

Auf der zu den USA gehörenden Insel Puerto Rico und den amerikanischen Jungferninseln starben sieben Menschen, wie der "Guardian" berichtete. Bis zu neun Meter hohe Wellen schlugen über die Insel. Mehr als eine Million Menschen seien ohne Strom. Es wird erwartet, dass die Zahl der Toten weiter steigt, da hinter Irma bereits der nächste Hurrikan "Jose" heranzieht.

Haiti weniger zerstört als erwartet

An der Insel Hispaniola, die zur Häfte aus Haiti und zur anderen aus der Dominikanischen Republik besteht, zog Irma nördlich vorbei. In Haiti verursachte der Hurrikan weniger Schäden, als zunächst befürchtet worden war. "Hätte Irma einen südlicheren Weg eingeschlagen, wäre es zur Katastrophe gekommen", sagte Martin van de Locht, Leiter der Internationalen Programme von World Vision. Zwei Menschen wurden in der Hafenstadt Cap-Haïtien verletzt, als ein Baum auf ihr Haus stürzte. Außerdem zerstörte der Sturm eine Brücke zum Nachbarland Dominikanische Republik. Die Menschen auf Haiti leiden noch immer unter den Auswirkungen des Erdbebens von 2010 und des Hurrikans Matthew im vergangenen Jahr.

Menschen gehen einen Strand am Cap-Haïtien entlang.
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Größte Evakuierung in Geschichte der Bahamas

Über die südlichen Ausläufer der Bahamas zog der Hurrikan Freitagfrüh (Ortszeit), wie das nationale US-Hurrikan-Warnzentrum in Miami mitteilte. Der Premierminister der Bahamas, Hubert Minnis, sagte dem "Guardian", die Regierung habe sechs Inseln im Süden der Inselgruppe komplett geräumt. Es sei die größte Evakuierung in der Geschichte der Bahamas gewesen.

Kuba brachte Bevölkerung in Sicherheit

Während das Zentrum des Wirbelsturms noch mehr als 350 Kilometer östlich der kubanischen Nordostküste tobte, schlugen durch den Jahrhundertsturm aufgepeitschte Wellen mit bis zu sechs Meter Höhe an die Küste der Karibik-Insel. Überschwemmungen gab es in Städten der östlichen Provinzen Guantanamo und Holguin.

Schulen und die meisten Geschäfte waren geschlossen. Hunderttausende Bewohner der besonders gefährdeten Regionen waren von den Behörden evakuiert worden. Der öffentliche Verkehr lag weitgehend lahm. Bislang sind durch den Sturm in der Karibik bereits mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen.

Es wurde damit gerechnet, dass die Hauptstadt Havanna, die im Westen der Insel liegt, weitgehend von Irma verschont bleibt.

In der Karibik blieb nicht viel Zeit für eine Bestandsaufnahme der Schäden durch Irma. Es näherte sich schon der nächste Hurrikan, Jose. Er wurde am Freitag von Kategorie drei auf vier hinaufgestuft und sollte am Samstag die Region erreichen. Auch Katia – Stufe zwei – war bereits unterwegs – und ist an der Ostküste Mexikos als Hurrikan auf Land getroffen. Dabei schwächte sich der Sturm in der Nacht auf Samstag (Ortszeit) nach Angaben des US-Hurrikanzentrums in Miami zunächst auf Hurrikan-Kategorie eins ab. "Katia" zog von Tecolutla im Teilstaat Veracruz weiter landeinwärts in Richtung Westen und verlor dabei weiter an Stärke. (red, APA, Reuters, 9.9.2017)