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US-Präsident Donald Trump mit dem Emir von Kuwait, Sheikh Sabah, im Weißen Haus. Die USA und Kuwait verbinden seit dem Golfkrieg 1991 zur Befreiung Kuwaits vom Irak enge Beziehungen.

Foto: Reuters / Jonathan Ernst

Washington/Wien – US-Präsident Donald Trump bot am Ende des Gesprächs seine Vermittlerkünste an, die gewiss "schnell zu einem Deal" führen würden: Aber die Katar-Krise ist auch nach dem Besuch des Emirs von Kuwait in Washington nicht weniger komplex geworden.

Sheikh Sabah al-Ahmad al-Sabah (88) war am Donnerstag der erste Herrscher eines der Staaten des arabischen Golfkooperationsrats (GCC) im Weißen Haus. Der GCC ist inmitten seines ärgsten Zerwürfnisses seit seiner Gründung 1981, die als Aneinanderrücken der arabischen Staaten am Persischen Golf nach der islamischen Revolution im Iran erfolgte. Auch heute geht es wieder, unter anderem, um die Beziehung der Golfaraber zum Iran. Katar hat seine vor kurzem normalisiert.

Strategischer Partner

Kuwait hat sich, gleich wie das GCC-Mitglied Oman, nicht den harschen Maßnahmen Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrains gegen das Emirat Katar angeschlossen. Anfang Juni hatten sich die drei Staaten gemeinsam mit Ägypten zu einer völligen Isolierung Katars entschlossen. Sheikh Sabah versucht seitdem, eine Lösung zu finden – und auch die USA wollen, dass die Krise beigelegt wird, denn der GCC ist als Gesamtheit ein strategischer Partner der USA, nicht nur seine einzelnen Mitglieder.

Den Wunsch nach einer diplomatischen Lösung hatte Trump in einem Telefonat dem saudischen König Salman bin Abdulaziz Al Saud erneut nahegebracht. Bei Ausbruch der Krise klang das noch ganz anders, da brüstete sich Trump damit, Saudi-Arabien – das er kurz zuvor auf seiner ersten Auslandsreise besucht hatte – und dessen Partner zu den Maßnahmen gegen den "Terrorsponsor" Katar veranlasst zu haben.

Trump hat demnach mitgeholfen, die Saudis, angeführt vom jungen und impulsiven Kronprinzen Mohammed bin Salman, auf einen Baum zu treiben, von dem sie nur mehr schwer herunterkommen. Die Forderungsliste von 13 Punkten – sie wurden inzwischen zu einem kürzeren Katalog eingedampft – bezeichnete der kuwaitische Emir in Washington am Donnerstag als nicht zur Gänze erfüllbar; Katar sei jedoch zu Verhandlungen bereit.

Saudis: Katar schönte Telefonat

Nach dem Gespräch zwischen dem hochbetagten Emir von Kuwait und Trump setzte jedenfalls erst einmal eine Telefondiplomatie ein: Trump rief den Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, an – und dieser daraufhin am Abend den saudischen Kronprinzen MbS, wie er meist abgekürzt wird. In Berichten der Agenturen tauchte bereits das Wort "Durchbruch" auf. Kurz darauf war jedoch alles wieder anders: Die offiziellen katarischen Medien hatten das Telefonat als Gespräch auf Augenhöhe dargestellt und vor allem behauptet, dass es auf Wunsch von Saudi-Arabien stattgefunden hatte, während den Saudis wichtig war festzuhalten, dass allein der Emir von Katar darum gebeten hatte. Saudi-Arabien brach daraufhin erneut alle Kontakte zu Katar ab. Trumps Vermittlungsmission – er hatte inzwischen auch noch einmal mit dem saudischen König telefoniert – ist wohl erst einmal gescheitert.

Rufe nach "regime change"

Sollte auch Riad wirklich an einer Deeskalation interessiert gewesen sein, so war das noch nicht sichtbar gewesen. Die Sache hat inzwischen in den saudinahen Medien eine eigene Dynamik bekommen: Sie fühlten, dass sie nun die Lizenz haben, ungebremst auf Katar loszugehen, sagt Katar-Experte David Roberts vom King's College in London zum STANDARD.

Es häufen sich auch die medialen Rufe nach "regime change" in Katar, wenngleich innerhalb der Herrscherfamilie. Ins Spiel gebracht wird ein vorher relativ unbekannter, älterer Prinz: Vor der Hajj in Mekka, die vor wenigen Tagen zu Ende ging, hatte Abdullah bin Ali Al Thani mit den Saudis die Teilnahme von Pilgern aus Katar ausgehandelt: Bilder zeigten ihn Hand in Hand mit König Salman in dessen Feriendomizil in Marokko. Abdullah kommt aus dem Zweig der Thani-Familie, der 1972 vom Großvater des heutigen Emirs weggeputscht wurde. Damals war Katar noch ganz der Satellitenstaat, den sich Saudi-Arabien auch heute wieder wünscht.

Lobbyisten am Wort

Saudinahe Medien lassen immer öfter Personen zu Wort kommen, die dazu aufrufen, den jetzigen Emir Tamim bin Hamad durch Abdullah bin Ali zu ersetzen. Roberts sieht darin aber noch keinen koordinierten Aktionsplan, die Bemühungen, Abdullah zu promoten, seien "wahrscheinlich ziemlich ad hoc". Immerhin hat aber auch der Chef der saudischen Lobbyorganisation Saprac (Saudi American Public Relation Affairs Committee) in Washington die GCC-Staaten aufgefordert, Abdullah als Emir anzuerkennen.

Am 14. September wird sich in London die – bisher ebenso wenig bekannte – katarische Opposition zu einer großen Konferenz treffen. Dort soll, so ein Sprecher, "die Stimme des katarischen Bürgers" für die Welt hörbar gemacht werden. Gleichzeitig wird durch den Titel der Konferenz – "Globale Sicherheit und Stabilität" – die Bedrohung betont, die angeblich von Katar ausgeht. Man kann davon ausgehen, dass Saudi-Arabien die Konferenz mitbetreibt, auf der unter anderem über Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit gesprochen werden wird: Themen, die durchaus auch für die saudi-arabischen Bürger interessant wären. Die von saudischen Lobbyisten betriebene Konferenz wird nun von katarischen Lobbyisten angegriffen. (ANALYSE: Gudrun Harrer, 9.9.2017)