Guillermo del Toro (52) gewann in Venedig den Goldenen Löwen.

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Als er unlängst mit dem Auto durch Beverly Hills gefahren sei, so Guillermo del Toro im STANDARD-Interview in Venedig, sei er von einem Polizisten aufgehalten worden. Was er hier verloren habe, wollte der Ordnungshüter strengen Blicks von dem mexikanischen Regisseur wissen. Er sei auf dem Weg zu seinem Produzenten, entgegnete dieser, nicht ahnend, dass er damit das polizeiliche Misstrauen noch verstärkte: "Mit diesem Auto?"

Das 74. Filmfestival von Venedig ist am Samstagabend zu Ende gegangen.
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Am Samstagabend, als er bei den Filmfestspielen von Venedig für seinen märchenhaften Fantasyfilm The Shape of Water mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde, widmete del Toro, der sich selbst als Underdog in Hollywood sieht, den renommierten Preis allen lateinamerikanischen Filmemachern. Das ist nicht nur als aufmunterndes, sondern unbedingt auch als politisches Signal zu verstehen: Obwohl sich in jüngster Zeit einige Risse bemerkbar gemacht haben, ist Hollywood nach wie vor eine angelsächsische Bastion, in die durchzubrechen es einen langen Atem braucht, wie del Toro ihn besitzt.

Als der 1964 in Guadalajara, der zweitgrößten Stadt Mexikos, geborene Regisseur 1993 gleich mit seinem ersten Langfilm Cronos international auf sich aufmerksam machte, waren die Weichen für die Zukunft gestellt: Del Toros Faible für das Fremde, für faszinierende Monster und mysteriöse Kreaturen sollte auch alle seine weiteren Filme prägen – von der Comicadaption Hellboy (2004) über den geheimnisvollen Fantasyfilm Pan's Labyrinth (2007) bis hin zu The Shape of Water, einer famosen Liebesgeschichte zwischen einem Amphibienmann und einer stummen Putzfrau.

Auch als Autor hat sich der literarisch versierte del Toro, der 2008 die Regie für den Blockbuster Der Hobbit zurücklegte, einen Namen gemacht. Die Drehbücher zu seinen Filmen verfasst der (über)gewichtige Mexikaner stets selbst, 2009 erschien sein erster Roman The Strain, aus dem auch eine Fernsehserie gleichen Titels hervorgehen sollte.

Privat gibt sich der verheiratete Vater zweier Töchter, der gemeinsam mit seinen mexikanischen Kollegen Alejandro González Iñárritu und Alfonso Cuarón die "Drei Amigos" Hollywoods bildet, zurückhaltend, politisch wenig überraschend liberal und in Glaubensfragen auf atheistischer Seite.

Sollte dem Löwen für The Shape of Water noch ein Oscar folgen, freuen sich nicht nur alle Filmemacher Lateinamerikas. (Michael Pekler, 11.9.2017)