Jedes Jahr wird in Großbritannien der Carbuncle Cup verliehen. Im Gegensatz zu anderen Architekturpreisen will den Carbuncle Cup, der seit 2000 verliehen wird, aber niemand haben: Damit kürt das Magazin "Building Design" nämlich das hässlichste in den letzten zwölf Monaten fertiggestellte Gebäude Großbritanniens.

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Foto: Dominic Lipinski/PA via AP

Vor wenigen Tagen erst wurde der heurige Sieger gekürt: Es ist das Projekt "The Nova Victoria" (siehe Foto oben), ein gemischt genutzter Gebäudekomplex in der Nähe des Buckingham Palace in London, der aus zwei 18-stöckigen Gebäuden und einem Wohnblock besteht und von PLP Architecture geplant wurde. Die Architekten hätten versucht, den Stil von Frank Gehry und Daniel Libeskind nachzuahmen – aber mit wenig Erfolg, wie die Jury befand.

Ein Jurymitglied beschrieb das Gebäude gleich als eine "krasse Attacke auf die Sinne", bei der man "erschauere". Auch die rote Spitze am Südturm wurde von der Jury für die Entscheidung verantwortlich gemacht.

In die engere Auswahl für den Carbuncle Award hatten es heuer auch unter anderem ein Studentenheim in Portsmouth, der neue Eingang eines Bahnhofs in Preston und die Battersea Power Station in London geschafft.

Im Vorjahr ging der Carbuncle Cup an das "Lincoln Plaza" (Bild siehe eingebetteten Tweet), einen Wohnhauskomplex von BUJ Architects, der von einem Jurymitglied als "Horrorshow, die niemals gebaut werden hätte dürfen" beschrieben wurde. Bemängelt wurden unter anderem die Gebäudehülle, die chaotische Form und Fassadengestaltung. All das verursache bei jenen, die sich das Gebäude länger von außen anschauen, Übelkeit, argumentierte die Fachjury.

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Foto: REUTERS/Stefan Wermuth/Files

2015 wurde der "Walkie Talkie" von Rafael Vinoly ausgezeichnet, der auch damit Aufsehen erregte, dass die konkav geschwungene Fassade Sonnenstrahlen wie ein Brennglas bündelt und so sogar Autos zum Schmelzen brachte. Investoren dürfte das gewöhnungsbedürftige Äußere nicht stören: Das Gebäude wurde vor wenigen Wochen, wie berichtet, um fast 1,5 Milliarden Euro an einen Investor aus Hongkong verkauft.

2014 ging der Preis an das Projekt "Woolwich Central" im Südosten Londons. Der 17-stöckige Komplex, in dem ein Supermarkt und 189 Wohnungen untergebracht sind, wurde von Sheppard Robson entworfen. Charakteristisch daran sind die sechs unterschiedlichen Gebäudeblöcke, die miteinander verbunden sind, und eine aus grau-, gelb- und grüngestreiften Panelen bestehende Fassade. Es sei "zu viel für den Standort, die Gegend und das Auge", kommentierte ein Jurymitglied damals die Entscheidung.

Ein Studentenheim im Norden Londons holte den Preis 2013. Es wurde von Stephen George and Partners für das University College London entworfen. Das neue Gebäude ersetzte ein Lagerhaus aus Backsteinziegeln, dessen Originalfassade aber erhalten blieb und dem neuen Gebäude einfach vorgesetzt wurde. Weil die Fenster des Bestandsgebäudes aber nicht mit jenen des Neubaus übereinstimmen, fehle in vielen Schlafzimmern das nötige Tageslicht und der Ausblick ins Freie – so wie in einem Gefängnis ganz in der Nähe des Gebäudes, argumentierte die Jury.

Die Anwärter für den Carbuncle Cup werden von Lesern online nominiert, die endgültige Entscheidung trifft eine Fachjury. Der Preis soll eine humorvolle Antwort auf den renommierten Stirling Prize sein, der vom Royal Institute of British Architects verliehen wird. (red, 12.9.2017)