Seine Reformen sorgen für Proteste: Emmanuel Macron.

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Paris –Am Rande einer Gewerkschaftsdemonstration gegen die geplante Lockerung des Arbeitsrechts ist es in Paris zu Ausschreitungen gekommen. Vermummte warfen Steine und andere Gegenstände, die Sicherheitskräfte reagierten mit dem Einsatz von Tränengas, wie Polizeikreise am Dienstag bestätigten. Eine Bilanz von Festnahmen werde es später geben.

An der Demonstration nahmen nach Veranstalterangaben rund 60.000 Menschen teil, berichteten französische Medien. Im ganzen Land protestierten Menschen gegen die geplante Arbeitsmarktreform. Sie war Ende August von der Regierung des konservativen Premiers Edouard Philippe vorgeschlagen worden.

Proteste auch in Lyon, Bordaux und Marseille

"Das Arbeitsrecht muss reformiert werden, aber nicht, um den Angestellten und Arbeitern ihre Rechte wegzunehmen", sagte der Chef der den Kommunisten nahestehenden Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, bei einer Kundgebung in Paris.

In der Hafenstadt Marseille gingen nach Polizeiangaben 7500 Menschen auf die Straße, die CGT schätzte die Zahl der Demonstranten dort indes auf 60.000. In Lyon demonstrierten nach Polizeiangaben 4000 Menschen, in Bordeaux knapp 5000. "Macron, Du bist erledigt, die, die den Hintern nicht hochkriegen, sind jetzt auf der Straße", riefen dort einige der Demonstranten. Sie spielten damit auf die von den Gewerkschaften heftig kritisierte Ankündigung des französischen Präsidenten Emanuel Macron an, keine Faulenzer dulden zu wollen.

Massenproteste auf den Straßen

Der Protest der Straße gilt als eine der schwierigsten Herausforderungen für Macron bei der Umsetzung der geplanten Reformen. Seine Vorgänger sahen sich nach Massenprotesten jeweils gezwungen, ihre Reformvorhaben stark abzuschwächen.

"Ich bin absolut entschlossen", sagte Macron am Freitag. "Ich werde keine Zugeständnisse machen – nicht den Faulenzern, nicht den Zynikern, nicht den Hardlinern." Die Faulenzer-Anspielung bezog sich nach seinen Worten auf diejenigen, die mit ihren Plänen in der Vergangenheit gescheitert waren. Viele interpretierten die Bemerkung jedoch als Angriff auf Arbeitslose oder Arbeiter, die den Kündigungsschutz ausnutzten.

Starke Gewerkschaften in Frankreich

Die Gewerkschaften sind in Frankreich traditionell sehr stark. Dieses Mal weigern sich jedoch zwei von ihnen, darunter Frankreichs größte Gewerkschaft CFDT, sich an dem Protest zu beteiligen. Die CGT ist die zweitgrößte Gewerkschaft. Umfragen zufolge betrachten die Wähler Macrons Reformpläne mit gemischten Gefühlen. Das Wirtschaftswachstum in Frankreich legt momentan zu, die Arbeitslosigkeit sinkt. Es ist daher unklar, welche Dynamik der Protest erreichen wird. Die Regierung will die Arbeitsmarktreform am 22. September per Dekret in Kraft setzen.

Proteste behindern Verkehr

Die Proteste haben landesweit zu Verkehrsbehinderungen geführt. Die Fluggesellschaft Ryanair teilte mit, sie habe 110 Flüge gestrichen, die von, nach oder über Frankreich hinweg führten. Die Bahngesellschaft SNCF berichtete am Dienstag über Behinderungen bei den RER-Schnellbahnen im Pariser Großraum.

Die Polizei der Hauptstadt riet Autofahrern während des morgendlichen Berufsverkehrs, den Bereich der Pariser Prachtstraße Champs-Elysees zu meiden. Dort protestierten Schausteller mit ihren Lastwagen. Der nationale und internationale Fernverkehr mit TGV-, Thalys- und Eurostar-Hochgeschwindigkeitszügen laufe hingegen normal, teilte die SNCF mit. (APA, Reuters, red, 12.9.2017)