Die Linke will ihren dritten Platz im Deutschen Bundestag verteidigen.

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Doch auch die FDP ...

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... die Grünen ...

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...und die AfD wollen noch einen Platz auf dem Stockerl ergattern.

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Noch zwölf Tage sind es bis zur Bundestagswahl, und eines ist jetzt schon ziemlich klar: Die Plätze eins und zwei auf dem Stockerl sind vergeben. Angela Merkel wird mit der Union stärkste Kraft, SPD-Herausforderer Martin Schulz nur zweiter Sieger und damit der große Verlierer.

Natürlich gibt es noch ein paar Unsicherheiten, was die Größe des Abstands betrifft. Derzeit liegen Union und SPD rund 15 Punkte auseinander. Aber, sagt Nico Siegel, Geschäftsführer des Instituts Infratest dimap, das für die ARD den "Deutschlandtrend" erfragt: "Es ist unwahrscheinlich, dass sich die SPD noch verdoppelt und die Union halbiert."

Insgesamt sechs Fraktionen

Offen hingegen ist das Rennen um Platz drei, hier liegen die Bewerber zwischen 6,5 und elf Prozent und somit viel dichter beisammen als die Großen. Im aktuellen Bundestag ist die Linke drittstärkste Kraft, die Grünen bilden das Schlusslicht. Ziemlich sicher wird es im nächsten Bundestag sechs Fraktionen geben: neben CDU/CSU, SPD, Grünen und Linken auch noch die FDP und die AfD, die neu dazukommen.

Bei den "Kleinen" haben wie bei den "Großen" auch alle das Ziel, in ihrer Kategorie Erster zu werden, also den dritten Platz im Bundestag zu besetzen. Das bringt zunächst handfeste Vorteile. Die stärkste Oppositionspartei darf den Chef des Haushaltsausschusses im Bundestag stellen.

Im Blick bei großen Debatten

Und der Oppositionsführer hat das Recht, bei Debatten nach dem Vertreter der Regierungsparteien zu sprechen. Das ist bei großen Debatten, wie über den Haushalt oder nach Regierungserklärungen, ein wichtiges Ereignis.

Doch es geht noch um viel mehr. Die große Koalition ist im politischen Berlin unbeliebt. Sollte es rechnerisch auch für ein anderes Bündnis reichen, dann kommt in diesem der drittstärksten Partei eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung zu. Ausgenommen ist die AfD, mit dieser will keiner koalieren. Dennoch eint ein Wunsch alle anderen Parteien: Die AfD soll nicht drittstärkste Kraft werden. "Das wäre ein verheerendes Signal für das Land, nach innen und nach außen", sagt Linken-Chefin Katja Kipping.

Während der Ton zwischen Merkel und Schulz eher moderat ist, fliegen zwischen den Kleinen die Fetzen. So erklärte Linken-Fraktionschefin und Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht, in der AfD seien "handfeste Halbnazis". So geschehen im ARD-Fünfkampf der kleinen Parteien, bei dem auch die CSU vertreten war.

Charakter statt Doktortitel

AfD-Spitzenfrau Alice Weidel betonte dort, ihre Partei habe das "höchste Akademisierungsniveau", worauf FDP-Chef Christian Lindner konterte: "Es geht nicht um Doktortitel, sondern um Charakter." Auf Lindner sind andere durchaus neidisch. Er hat ein vielbeachtetes Interview in der Bild gegeben und erklärt: "Alle Flüchtlinge müssen zurück."

Der grüne Bundestagsabgeordnete Sven Kindler hieß die FDP daraufhin "AfD light", Erik Marquardt vom grünen Parteirat höhnte via Twitter: "Du, Christian. Liberalismus ist ja toll, aber als Rechtspopulisten kriegen wir viel mehr Stimmen."

"Sorgfältig geplante Provokationen"

Schon vor Monaten hatte die AfD in einem Strategiepapier festgehalten, dass sie den Wahlkampf mit "sorgfältig geplanten Provokationen" aufmischen wolle, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das funktioniert. Weidel verließ eine ZDF-Livesendung, AfD-Co-Spitzenkandidat Alexander Gauland erklärte, man solle die Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz, in Anatolien "entsorgen". Der Aufschrei war laut.

Infratest dimap und Insa sehen die AfD mit elf Prozent auf Platz drei. Dass sie am Wahltag – wie nach Landtagswahlen – noch sehr viel höher liegen könnte, denkt Siegel von Infratest nicht: "Wir haben jetzt Erfahrungswerte. Seit den letzten Landtagswahlen wird die AfD nicht mehr unterschätzt." (Birgit Baumann aus Berlin, 12.9.2017)