Nach drohenden Fahrverboten für Autos mit Verbrennungsmotoren setzen immer mehr Autobauer auf Elektrizität.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Frankfurt/Wien – Zwei Jahre nach Ausbruch des Dieselskandals setzen die deutschen Autobauer auf Elektromobilität. Frei nach dem Motto "Klotzen statt kleckern" überboten sich Volkswagen (VW), Daimler und BMW vor Beginn des Frankfurter Automobilsalons IAA förmlich mit Ankündigungen von Milliardeninvestments für Stromfahrzeuge.

Daimler will das gesamte Produktportfolio bis 2022 elektrifizieren, VW-Boss Matthias Müller bis 2025 mit 80 E-Modellen auffahren und dafür bis 2030 die Investitionen auf rund 20 Milliarden Euro verdoppeln. BMW-Chef Harald Krüger spricht davon, 25 E-Autos in Bewegung zu bringen.

Was allen fehlt: leistungsfähige Batterien, die mehr erlauben als Kurzstreckenfahrten. Diesbezüglich kündigt VW die Ausschreibung eines Beschaffungsvolumens in der Größenordnung von 50 Milliarden Euro an. Der jährliche Bedarf entspreche der Jahreskapazität von mindestens vier "Gigafactories" für Batteriezellen.

Asiatische Hersteller dominieren

Derzeit ist der Batteriezellenmarkt von asiatischen Herstellern dominiert, deutsche Autobauer kaufen dort ein. Die Batterie für den E-Golf kommt ebenso von Samsung SDI wie jene des Audi e-tron, der 2018 auf den Markt kommen soll. LG Chem aus Südkorea mit Fabriken in Ungarn und Polen beliefert ebenfalls den VW-Konzern. Die zwei Anbieter bauen auf unterschiedliche Technologien, was den Autobauern Flexibilität erhält – wohin der Trend auch geht.

Die Wolfsburger tasten sich an die Fertigung von Batteriezellen erst heran. Im Motorenwerk Salzgitter trifft man Vorbereitungen, um die Produktion von Zellen und Modulen zu erproben – zunächst ab 2018 im Labor, später in einer Pilotanlage. Müller will Batterietechnologie zu einer Kernkompetenz des Zwölf-Marken-Imperiums machen. Bis 2025 sollen 25 bis 30 Prozent der Autos solche mit Elektroantrieb sein. Gemessen am aktuellen Konzernabsatz von rund zehn Millionen Fahrzeugen wären das zwei bis drei Millionen Batterien, die der Volkswagen-Konzern benötigt.

Eigene Zellforschung

Der Münchner Oberklasse-Autobauer BMW bezieht Batteriezellen ebenfalls bei Samsung in Korea, sei aber mit allen großen Herstellern, darunter Sanyo und Panasonic, im Gespräch. Zellforschung betreibt BMW selbst, aus Angst vor Überkapazitäten am Markt scheut man aber eine eigene Batterieproduktion. Daimler hingegen produzierten mit ihrer Tochter Li-Tec, einem seit 2009 bestehenden Joint Venture von Daimler und Evonik, selbst Batteriezellen, stellten das Abenteuer Ende 2015 aber wieder ein.

Die Autozulieferer folgen dem Kurs. Schaeffler gründet eine eigene Sparte E-Mobilität. Bosch will bald über eine eigene Akkuproduktion entscheiden. Alle Zulieferer dürfen sich auf mehr Arbeit einstellen: Daimler will – sehr zum Leidwesen von Betriebsräten und Gewerkschaft IG Metall – bei Elektroautos noch weniger selbst herstellen als bei den konventionell angetriebenen Fahrzeugen.

Wie um die Dieselabgasmanipulationen vergessen zu machen, tönte VW-Chef Müller: "Wir werden die Revolution in unserer Industrie anführen." Womit klar ist: Der Druck, saubere Antriebe zu entwickeln, ist enorm. Denn die Konkurrenz schläft nicht, Tesla drängt in den Massenmarkt. (ung, dpa, Reuters, 13.9.2017)