Berlin/Frankfurt – Ein zügiger Zinsanstieg in Europa würde den deutschen Haushalt nach Worten von Finanzminister Wolfgang Schäuble nicht unmittelbar in Not bringen. Man habe die vergangenen Jahre genutzt, um den Bund längerfristig zu finanzieren, sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Südkurier" laut Vorabbericht (Mittwoch-Ausgabe). Deshalb werde man "durch einen raschen Anstieg der Zinsen nicht aus der Bahn geworfen".

Schäuble sagte, er halte die außergewöhnliche Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht für nachhaltig. Daher sei er schon länger der Auffassung, "dass es Zeit wird, mit dem Ausstieg zu beginnen". Er habe aber Vertrauen in die EZB und deren Chef Mario Draghi. "Mario Draghi hat ja gesagt, dass man in der Oktober-Sitzung auch die Auswirkungen des relativ beachtlichen Anstiegs des Eurokurses bewerten und dann Entscheidungen treffen werde", sagte Schäuble auf die Frage, was er von Draghis Entscheidung halte, vorerst an der Niedrigzinspolitik festzuhalten. "Ich bin grundsätzlich zuversichtlich."

Leitzins seit eineinhalb Jahren auf 0,0 Prozent

Die EZB hatte vergangene Woche den Leitzins auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent belassen, wo er nun schon seit knapp eineinhalb Jahren liegt. Das ist vor allem bei Sparern unbeliebt, weil Geld, das auf dem Sparbuch liegt, dadurch an Wert verliert. Andererseits ist es aber günstiger geworden, sich Geld zu leihen. So zahlen Hauskäufer heutzutage deutlich geringere Hypothekenzinsen als vor zehn Jahren. Das gilt auch für den Bund als Schuldner, der dadurch in den vergangenen Jahren viele Milliarden Euro einsparte.

Die EZB bereitet Insidern zufolge zudem den Boden für eine Verringerung ihrer vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe. Derzeit kauft die EZB monatlich Staatsanleihen und andere Papiere im Volumen von 60 Milliarden Euro auf. Damit sollen Banken zur stärkeren Kreditvergabe gedrängt werden. So sollte eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, nachlassendem Konsum und stockenden Investitionen verhindert werden. Inzwischen läuft die Wirtschaft im Euro-Raum aber wieder besser. (APA, 12.9.2017)