"What the f ..." – Ron und Russell Mael alias Sparks entdecken einen neuen Mitbewohner. Der muss aufs Cover des neuen Albums!

Foto: Elaine Stocki / Pias

Wien – Danke an Franz Ferdinand. Der schottischen Band verdankt die Welt eine Rückbesinnung der besonderen Art. Nachdem sie mit Franz Ferdinand vor zwei Jahren das gemeinsame Album FFS veröffentlichten, regte sich bei den Sparks die Lust. Jene, wieder knackige Popsongs zu schreiben. In den Jahren zuvor hatte sich das Brüderduo Ron und Russell Mael davon etwas entfernt, entsteißte es sich gar ein Musical über den schwedischen Regisseur Ingmar Bergman oder quälte Streichquartette mit enervierenden Etüden. Doch damit scheint (vorübergehend) Schluss zu sein.

Die Sparks nahmen den Schwung des exzellent gelungenen FFS-Albums mit und produzierten zu Hause in Los Angeles weiter forsche Dreiminüter. Die Resultate liegt nun auf dem Album Hippopotamus vor. Wer fehlende Durchgeknalltheit befürchtet – diesbezüglich kann Entwarnung gegeben werden, es sind immer noch die Sparks.

Zickig und zackig

Dementsprechend entlockt Ron Mael seinem Tasteninstrument dann und wann Spinettklänge oder digitale Streicher. Schließlich zählt eine gewisse flamboyante Note nicht nur in der Optik zu den Bestandteilen der seit 45 Jahren existierenden Band. Aktuell hat sich noch ein Flusspferd in ihrem Pool eingehaust, Sachen gibt's.

SPARKS

Gegründet 1971, gelang den Sparks mit ihrem vierten Album Kimono My House der Durchbruch. Der zickige Titel des so zackig gespielten This Town Ain't Big Enough For The Both Of Us wuchs sich zu einem internationalen Hit aus, wobei die Sparks aus den USA nach Europa kommen mussten, um zu reüssieren.

Für das US-Publikum war das seltsame Gespann nicht zu fassen, sein Witz zu dadaistisch, seine Musik mit Russells Falsettgesang zu nah an der Hausfrauenmigräne. Im europäischen Glamrock setzten sich die Sparks damit zwischen die Stühle von David Bowie, Roxy Music oder T.Rex – beste Gesellschaft für seltsame Vögel.

Input für Joy Division

Das Folgealbum Indiscreet (1975) produzierte schon Bowie-Intimus Tony Visconti, da war das Image des Duos längst etabliert. Bis heute gibt Tastenmann Ron (72) den tiefgekühlten Buchhalter, während das Herz des jüngeren Russell (süße 68) unter einem alltagstauglichen Matrosenleiberl schlägt.

Zur Zeit von Disco taten sich die Maels mit Giorgio Moroder zusammen. Daraus resultierte mit Number One Song In Heaven (1979) ein Hit, der sogar Joy Division beeinflusste. Kommerziell erfolgreich waren die Sparks dennoch meist in exotischen Märkten wie Frankreich, Italien, Neuseeland oder Deutschland.

SPARKS

Alben wie Angst In My Pants (1982) mit seinem genialischen Titelsong erfuhren erst über die Jahre Gerechtigkeit. Zu kurios waren sie für den konventionellen Markt, wie schon das Cover des Albums illustriert. Darauf sind die Maels als Braut und Bräutigam abgebildet, Ron mit einem Hitlerbärtchen ganz in Weiß – far out! Ein junger David Lynch drehte damals ein Video für die Band.

Die späteren 1980er waren dann keine gute Zeit für die Sparks, sieht man von der Single Change ab, auf deren Rückseite eine Akustikversion von This Town Ain't ... an alte Qualitäten erinnerte. Nach ein paar Jahren Pause sorgte erst ihr stärker Richtung Club und nahe an den Pet Shop Boys gebauter Synthiepop wieder für Hits, als sie 1994 mit dem Album Gratuitous Sax & Senseless Violins wiederkehrten. Zu der Zeit überschritten sie die Grenze zur Legende als höfliche Freaks, denen mit Balls (2000) und Exotic Creatures Of The Deep (2008) zumindest noch zwei geheime Meisterwerke gelangen.

Dann kamen also Franz Ferdinand, deren Postpunk-Sound mit den Sparks bestens konvenierte. Hippopotamus macht deutlich, dass dies für die Sparks ein Erinnerungsruf gewesen sein muss. Schon der zweite Song Missionary Position könnte gut aus dem Jahr 1974 stammen, ist Hausmarke. Okay, Russells Falsett klingt nicht mehr ganz so kastrationsängstlich wie einst, das hat die Natur so eingerichtet.

Ansonsten schwächelt hier nichts und niemand. Ron gibt am Klavier die Richtung vor, ein paar Streicher sorgen für Pathos und etwas Schmalz, die Songs sind traditionell von einer eurozentrischen Kultursicht durchzogen, im Blick auf die eigene Heimat liegt immer Verachtung. Das manifestiert sich in Titeln wie I Wish You Were Fun.

SPARKS

Floskeln am Grab

Wobei die Suche nach tieferer Bedeutung der Sparks'schen Texte bei den Schöpfern wohl Kichern auslöst. Eine Eloge an Scandinavian Design ist eben das und nichts anderes. Ansonsten wandeln sie mit traumwandlerischer Sicherheit durch gereizte Minidramen wie What The Hell Is It This Time? oder würgen in Bummer an den Floskeln, die bei Beerdigungen über Dahingegangene abgesondert werden. Egal ob Shakespeare oder die Bibel zitiert wird – es bleibt ein Bummer. Ron rollt die Augen, Russell blickt auf die Uhr. Wann, bitte, hört es endlich auf zu dauern?

Große, exaltierte Kunst, zart pikiert, mit besten Haltungsnoten abgeliefert. Wieder mal. (Karl Fluch, 14.9.2017)