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Eine Rahmenzielvereinbarung begründet die Pflicht des Unternehmens, mit dem Arbeitnehmer in jährliche Verhandlungen zu treten und in einem "kooperativen Prozess" die anspruchsbegründenden Ziele festzulegen.

Foto: Reuters / Francois Lenoir

Wien – Nach einer neuen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (28. 2. 2017, 9 ObA 163/16k) kann ein im Dienstvertrag nur grundsätzlich zugesagter Bonus in voller Höhe fällig werden – auch wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer Betrag und Zielerreichungskriterien ursprünglich nicht vereinbart haben.

Zu beurteilen hatte der OGH einen Passus, wie man ihn sehr häufig in Dienstverträgen (v. a. für Führungskräfte und Geschäftsführer) findet: "Für seine Tätigkeit erhält der Dienstnehmer ein Jahresbruttogehalt von (...) Euro. Darüber hinaus erhält er einen Bonus, der individuell für jedes Jahr separat vereinbart wird und in Abhängigkeit vom Budget und dem erzielten Ergebnis der Gruppe ist."

Der Dienstvertrag traf somit keine Aussage über die maximale Höhe des Bonus und ließ auch offen, anhand welcher Kriterien er berechnet wird. Diese Details waren der Jahreszielvereinbarung vorbehalten – zu der es im vorliegenden Fall aber nicht kam. Mündlich zugesagt war immerhin, dass der jährliche Bonus bis zu 20 Prozent des Jahresgehalts beträgt.

Rahmenzielvereinbarungen

Ohne dass sich der Kläger somit auf vereinbarte Ziele und eine Formel für ihren Erreichungsgrad stützen konnte, klagte er den Bonus für zwei Jahre ein – rund 55.000 Euro. Das gab dem OGH Anlass, sich zu Rahmenbonusvereinbarungen und ihren Rechtswirkungen zu positionieren:

Die Rahmenzielvereinbarung selbst ist laut OGH zu wenig bestimmt bzw. bestimmbar, um Rechtsfolgen auszulösen. Trotzdem geht sie über eine unverbindliche Absichtserklärung hinaus: Sie begründet eine Pflicht des Unternehmens, mit dem Arbeitnehmer in jährliche Verhandlungen zu treten und in einem "kooperativen Prozess" die anspruchsbegründenden Ziele festzulegen.

Tut das der Arbeitgeber nicht oder scheitern die Verhandlungen, fehlt es in der Folge zwar immer noch an einer konkreten Zielvereinbarung. Was dann gilt, haben aber Gerichte durch vertragliche Ergänzung zu entscheiden. Schließlich soll es der Arbeitgeber nicht in der Hand haben, den Bonusanspruch des Arbeitnehmers einseitig zu vereiteln.

Ausgewogene Auslegung

Es ist eine Zielvereinbarung zu fingieren, der beide Partner wohl zugestimmt hätten; das Ergebnis der Vertragsauslegung muss also ausgewogen sein. Je nach Fall kann das laut OGH zu einer Weitergeltung der Vorjahresziele, zu einer Durchschnittsberechnung oder zu einer Festsetzung des Bonus durch Dritte führen. Ein in Aussicht gestellter Bonusbetrag kann dabei Orientierungsmaßstab sein.

Diese Entscheidung ist ernst zu nehmen: Ein im Dienstvertrag grundsätzlich zugesagter Bonusanspruch entfällt nicht allein dadurch, dass keine Jahreszielvereinbarungen abgeschlossen werden. Will man sich als Arbeitgeber nicht binden, sind nachträgliche freiwillige Prämien das geeignetere Mittel oder der Abschluss jährlicher Bonusvereinbarungen, losgelöst vom Dienstvertrag – beides freilich mit Unverbindlichkeitsvorbehalt. (Kristina Silberbauer, 18.9.2017)