Die Digitalisierung wird auch in der Textilbranche für einen Umbruch sorgen. Teile der Fertigung dürften von Asien wieder zurück nach Europa oder in die USA verlagert werden. "Für die Wahl des Produktionsortes sind in Zukunft digitale Fähigkeiten entscheidend", teilte der Leiter der Modeindustrieberatung bei McKinsey, Achim Berg, am Montag mit.

Die Automatisierung in der Fertigung bietet dem Unternehmensberater zufolge Chancen für die Herstellung in Europa. "Wir erwarten vorerst ein nebeneinander von automatisierter Produktion in reifen Märkten für modische Produkte und manueller Produktion von Basic-Produkten in Niedriglohnländern", so Berg. Das Potenzial zur Kostensenkung von Niedriglohnländern sei bereits fast ausgeschöpft.

Hauptbeschaffungsland für Textilien

China dürfte seinen Zenit als Hauptbeschaffungsland für Textilien der Einschätzung McKinseys zufolge jedenfalls überschritten haben. Erstmals seit 2014 sei das Exportvolumen aus China und Hongkong zuletzt um 8 Prozentpunkte gesunken. Andere Bekleidungsexporteure wie Bangladesch, Vietnam und Indien verzeichneten zum ersten Mal ein verlangsamtes Wachstum.

Jeder zweite Einkaufschef führender Bekleidungsunternehmen rechnet einer Umfrage zufolge damit, dass niedrige Löhne bereits 2025 nicht mehr der Hauptgrund für die Wahl des Beschaffungsortes sein werden, sondern die Digitalisierung. Diese werde die Kosten voraussichtlich um 5 Prozent senken und die Beschaffungszeit um zwei bis vier Wochen verkürzen, erwarten die meisten der befragten Einkaufsmanager von 63 Bekleidungskonzernen, die gemeinsam für ein Einkaufsvolumen von rund 135 Mrd. Dollar (113 Mrd. Euro) verantwortlich sind.

Rückführung der Produktion

Jeder dritte europäische und mehr als jeder zweite amerikanische Einkaufschef gehen davon aus, dass sich der Trend zur Rückführung der Produktion ins Heimatland ("Re-Shoring") durch die Automatisierung verstärken wird. Auf mittlere Sicht werde China aber weiterhin eine wichtige Rolle spielen – mit großem Abstand vor der Türkei und Bangladesch.

Der Modehandel sei mit sinkenden Gewinnmargen, steigenden Warenüberhängen und massiv verändertem Konsumentenverhalten konfrontiert. "Modeunternehmen müssen sich schneller und agiler auf die Wünsche der Kunden einstellen", so Berg. Die Digitalisierung könnte dabei helfen. (APA, 18.9. 2017)