Die mittlerweile nicht mehr aktive Website "1 of the 9" dokumentierte Vorfälle mit verbogenen iPhones.

Foto: Screenshot (1ofthe9)

Das Muster ist bekannt: Hersteller wie Samsung, Sony, LG und natürlich auch Apple bringen jedes Jahr eine neue Version ihrer Spitzen-Smartphones auf den Markt. In Cupertino hat man heuer sogar gleich drei Modelle vorgestellt. Das iPhone 8, das 8 Plus und das in der Eurozone erst ab deutlich vierstelligen Beträgen veräußerte iPhone X.

Käufer von Apple-Produkten argumentieren ihre Entscheidung häufig mit dem hohen Wiederverkaufswert ihrer Geräte. Und tatsächlich: Der Preisverfall für iPhones ist deutlich geringer als etwa jener von Samsungs Galaxy-S-Reihe. Betont wird auch gern die Haltbarkeit, nicht zuletzt von Apple selbst. Der Konzern gibt in Dokumenten selbst an, dass die Geräte bei intensiver Verwendung zumindest drei Jahre halten sollten, auch hochrangige Manager wissen gelegentlich die Robustheit ihrer Produkte zu loben.

Doch im Rahmen eines Gerichtsprozesses in den USA zeigt Apple ein anderes Gesicht, berichtet Vice Motherboard. Dort erklärte der Konzern angesichts tausender Touchscreen-Ausfälle beim iPhone 6 und 6 Plus, dass ein Jahr Haltbarkeit genug sei.

Apple: Mehr als ein Jahr Haltbarkeit nicht nötig

Die Verfasser der Sammelklage fordern Schadenersatz, weil ihr Handy durch einen Konstruktionsfehler seitens des Herstellers faktisch unbrauchbar geworden sei. Dabei geht es um die "Bendgate"-Affäre. Erste Serien des Smartphones neigten zu Verbiegungen, wenn man sie etwa in engeren Hosentaschen mitführte, was auf Dauer zu einem Schaden am Touchsensor führen kann.

Wenigstens zwei Jahre sollte man erwarten können, heißt es in dem Vorwurf an Apple. Denn dies sei auch die typische Laufzeit für einen Vertrag bei einem Mobilfunker. Apple allerdings beharrt auf der in den USA angegebenen Garantiezeit von einem Jahr. Noch mehr: Der Anwalt des Unternehmens argumentiert, dass das Gericht keine Handhabe besitze, in die Garantiefrist einzugreifen, nur weil die Erwartungen der Kunden "überhöht" seien.

Anderes Handy oder kostenpflichtige Garantieverlängerung

Auch den Vorwurf, viel zu spät auf die sich häufenden Beschwerden reagiert – in einer ersten Reaktion erklärte Apple damals, lediglich neun Kunden hätten sich wegen verbogener iPhones beschwert – und dann 149 Dollar für einen Gerätetausch verlangt zu haben, weist man zurück. Ein nach der Garantiezeit auftretendes Problem müsse eigentlich gar nicht anerkannt werden, sofern es nicht sicherheitsrelevant sei. Zuvor waren noch höhere Beträge für eine Reparaturen verlangt oder diese sogar verweigert worden.

Dabei geht man sogar so weit, den Klägern zu empfehlen, entweder ein Handy eines anderen Herstellers mit entsprechend längerer Garantiezeit zu erwerben oder die Garantie kostenpflichtig zu verlängern – was bei Apple über das Apple-Care-Programm angeboten wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Argumentation durchsetzt. Das Verfahren zwischen den Betroffenen iPhone-6-Besitzern und Apple läuft noch.

Problematische Bedingungen

Kunden können freilich auch selbst Hand anlegen oder den Touchscreen bei einem Drittanbieter reparieren lassen. Apple allerdings übt relativ starke Kontrolle über die Lieferketten aus, sodass manche Ersatzteile für nichtzertifizierte Dienstleister nur schwer zu bekommen sind.

Dazu wird eine eigenmächtige Reparatur beziehungsweise eine Reparatur bei einem "inoffiziellen" Anbieter als Bruch der Garantiebedingungen angesehen. Eine Praxis, die Konsumenten- und Umweltschützer schon länger kritisieren. (red, 18.9.2017)