Mikroalgen im Labor ...

Foto: Clemens Troschl / Boku Wien

... und unter dem Mikroskop. Die Algenproduktion weist einen hohen Wasserverbrauch auf, Wissenschafter wollen sie nachhaltiger gestalten.

Foto: Clemens Troschl / Boku Wien

Tulln/Wien – Das natürliche Vorkommen der Alge ist so mannigfaltig wie ihre Nutzungsmöglichkeiten. Makroalgen sind auch auf westlichen Tellern schon lange salonfähig, Mikroalgen revolutionieren die Wirtschaft. Die Eukaryoten gelten als Hoffnungsträger für eine nachhaltige Versorgung in Zeiten des Klimawandels – aufgrund ihrer raschen Vermehrung und ihrer Ernährungsweise scheinen sie dafür geradezu ideal.

Unter Entstehung von Sauerstoff stellen Algen mithilfe von Sonnenlicht und CO2 ihre Biomasse selbst her. Um die optimale Lichtversorgung für diesen Prozess zu gewährleisten, muss die Gefäßoberfläche groß genug sein. Denn dann können sich die fotoaktiven Mikroorganismen dem Licht vollkommen zuwenden.

Da Mikroalgen überwiegend in aquatischen Lebensräumen vorkommen, ist ihre Kultivierung mit einem hohen Wasserverbrauch verbunden. Besonders gefragt sind die Gattungen Chlorella, Spirulina und Haematococcus. Über 90 Prozent der weltweiten Algenkulturen werden in sogenannten offenen Reaktoren angebaut. Das birgt aber die Gefahr von Verunreinigung mit Fremdstoffen.

Wachstum im Labor

In Mitteleuropa erfolgt der Algenanbau in einem geschlossenen System: Die Reaktoren bestehen aus lichtdurchlässigen Röhren, in denen das Algenwasser gleichmäßig zirkuliert. Frischwasser wird regelmäßig neu zugeführt und Algenmaterial abgelassen. Der Anteil der Algenmasse liegt bei 0,5 bis zehn Gramm pro Liter.

Im Sinn der Effizienz und Nachhaltigkeit stellt sich die Frage, ob das abgelassene Wasser eines Produktionskreislaufs dem Anlagenkreislauf wieder zugeführt werden kann. Mit diesem Thema befasst sich ein Projekt des Unternehmens Bioenergy 2020+, das vom Comet-Programm des Verkehrs- und Wirtschaftsministeriums gefördert wird, und des Interuniversitären Departments für Agrarbiotechnologie (Ifa) der Universität für Bodenkultur Wien: Konkret wird Prozesswasser von Algenproduktionsanlagen hinsichtlich der Reduktion von Ressourcen untersucht.

Die von Bernhard Drosg geleitete und von der Niederösterreichischen Forschungs- und Bildungsgesellschaft (NFB) geförderte Forschungsgruppe stellt dafür das Algenwachstum im Labor nach. Dabei wird untersucht, ab wann und warum es zur Wachstumshemmung kommt. Zudem interviewen die Forscher in Niederösterreich und europaweit Betreiber von Algenkultivierungsanlagen.

Die eigentliche Abwasseranalyse erfolgt mit gängigen Methoden wie Nitrat-Testkits. Unterschiedliche Gas- und Ionenchromatografien detektieren weitere gelöste Stoffe im Wasser. "Algenkultivierungsanlagen verwenden Sonnenlicht und verbrauchen deshalb einen hohen Anteil an Wasser, um Beschattungseffekte zu reduzieren", sagt Drosg. "Dieser Wert liegt bei 99 bis 99,9 Prozent. Im Vergleich zu anderen biotechnologischen Fermentationssystemen, bei denen Zucker die Nahrungsquelle ist und der Wasseranteil bei ca. 90 Prozent liegt, ist hier der Verbrauch um den Faktor zehn bis 100 größer."

Der Wasserverbrauch macht deutlich, dass die Prozesskette nicht ausgeschöpft ist. Überdies sind auch die Verringerung von Produktschwankungen und die Stabilisierung der Qualität wichtige Ziele in der Algenkultivierung. Auch die Reduktion des menschlich verursachten CO2-Ausstoßes ist ein Faktor, dem in Zukunft immer mehr Aufmerksamkeit zukommen wird.

Nützliche Inhaltsstoffe

Was den Wasserverbrauch anbelangt, scheinen Filter- und Ozonanlagen die einfachste Lösung zu sein. Beide werden schon länger zur Wasseraufbereitung, etwa von Trinkwasser, eingesetzt. "Wenn die Systeme klein sind, wird das Abwasser normalerweise weggeschüttet. Größere Algenkultivierungsanlagen rezirkulieren das Wasser", so Drosg.

Das hänge allerdings vom jeweiligen Algenstamm ab. "Wir wissen, dass es zu Problemen kommen kann – bakterielle Biofilme, Algenhemmstoffe oder Räuberorganismen", sagt der Biotechnologe. "Auch die Nährstoffbilanz sollte man sich anschauen, eventuell müssen Stickstoff und Phosphor eingebracht werden."

Längerfristig könnten durch Optimierungen hochwertige Produkte zu günstigen Massenprodukten werden, seien es Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, medizinische Wirkstoffe oder Treibstoffe. Drosg: "Der Algenboom geht immer auf und ab. Vor fünf Jahren ging es mehr in Richtung Treibstoffe und Energie, heute geht es mehr in Richtung hochwertige Produkte."

Als Nahrungsmittel sind Algen besonders interessant: Sie liefern wichtige Vitamine und Öle. Bei manchen Algenarten liegt der Ölgehalt bei 50 Prozent und umfasst auch essenzielle Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht selbst produziert und über die Nahrung aufnehmen muss. Als Hauptquelle der Omega-3-Fettsäuren dienen bislang Fischöle.

"Im Bereich der Alge herrscht noch großer Forschungsbedarf. Wir brauchen Grundlagenwissen, um in die große biotechnologische Anwendung zu gehen", resümiert Drosg. Zwar sei das Produktionsausmaß heute noch sehr gering, doch das Potenzial sei groß. (Sandra Fleck, 25.9.2017)