Der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel will 2020 in der Hauptstadt als Spitzenkandidat antreten.

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Wien – Der Wiener ÖVP-Obmann Gernot Blümel ist – bei aller Vorsicht, wie er betont – zuversichtlich, dass die Volkspartei bei der kommenden Nationalratswahl stimmenstärkste Partei wird. Trotzdem könnte die Zeit der ÖVP in der Regierung sich schon bald dem Ende zuneigen. Denn Rot-Blau sei derzeit die wahrscheinlichste Koalitionsvariante, wie er im APA-Interview befand.

Prinzipiell zeigt sich der Chef der Wiener Schwarzen durchaus angetan davon, dass die ÖVP derzeit in allen Umfragen vorne liegt. Jedoch: "Wir geben uns den Prognosen nicht lüstern hin. Wir wissen, dass die Volatilität extrem groß ist, was das Commitment der Wähler betrifft. Wir wissen auch, dass es schon Wahlen gegeben hat, wo jemand zum Sieger geschrieben worden ist und es nachher nicht war. Das muss einen vorsichtig stimmen. Man darf nicht nachlassen und muss den Spannungsbogen aufrecht erhalten."

"Moralische Reinwaschung"

"Aber es kann auch sein, dass wir als Nummer eins durchs Ziel gehen und dann nicht in einer Regierung vertreten sind", gab Blümel zu bedenken. Für die FPÖ wäre es seiner Ansicht nach nämlich am sinnvollsten, mit der SPÖ zusammenzugehen. Die Freiheitlichen würden auf "moralische Reinwaschung" hoffen: "Es gibt viele in der FPÖ, die das wollen."

Dass SPÖ-Chef Christian Kern den Gang in die Opposition angekündigt hat, falls die SPÖ nicht gewinnt, heißt für den Wiener ÖVP-Chef nicht, dass es so kommen muss: "Da höre ich schon die Gewerkschafter, die sagen: im Zweifel lieber Kanzler bleiben." Er halte Rot-Blau jedenfalls für die wahrscheinlichere Variante – "auch wenn sie Zweiter und Dritter sind".

Für die ÖVP sei es darum wichtig, so weit vorne wie nur möglich zu liegen. Damit würden die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung der ÖVP steigen: "Und das halte ich für Österreich wichtig." Präferenzen in Sachen Partner nannte er nicht. Es werde jener sein, mit dem man am meisten vom ÖVP-Programm umsetzen können.

Strikt gegen Erbschaftssteuer

Derzeit gebe es zu allen anderen Mitbewerbern Überschneidungen, aber auch Widersprüche. Letztere etwa bei der SPÖ in Sachen Abgaben. Über eine Erbschaftssteuer etwa will Blümel nicht einmal nachdenken: "Ich weigere mich kategorisch, in einem Höchststeuerland über neue Steuern zu diskutieren. Abgesehen davon halte ich es für ungerecht, wenn bereits versteuertes Einkommen noch einmal versteuert wird."

Gernot Blümel ist seit ziemlich genau zwei Jahren Chef der zuletzt arg gebeutelten Wiener Volkspartei, die bei der Wien-Wahl 2015 unter die Zehn-Prozent-Marke gerutscht ist. Er habe den Wechsel keinen einzigen Moment bereut, versichert er: "Wir sind zu einer echten, wenn nicht zu der Oppositionspartei in Wien geworden. Das heißt: hart, aber sachlich auf die Fehler der Wiener Stadtregierung hinzuweisen."

Selbstbewusstsein bei Wiener ÖVP

Es sei gelungen, der ÖVP Wien wieder Selbstbewusstsein zurückzugeben: "Es ist schöner und leiwander in einer Organisation mit dabei zu sein, auf die man stolz sein kann. Wir sind noch bei weitem nicht in allen Bezirken und Strukturen so aufgestellt, wie ich das gerne hätte, aber wir arbeiten kontinuierlich daran weiter." 2018 steht etwa der vereinbarte Wechsel an der Klubspitze an. Gemeinderätin Elisabeth Olischar wird dann auf Alt-Parteiobmann Manfred Juraczka folgen. Blümel selbst will jedenfalls als Parteiobmann 2020 die Wiener Gemeinderatswahl bestreiten.

Der Wiener VP-Landesobmann hat auch Lob für Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) parat. Dieser habe für Wien "schon einiges geleistet". Lediglich den Zeitpunkt der Übergabe hab er vertan. Dies lähme die Wiener Stadtregierung: "Insofern wäre es mir ein echtes Anliegen, dass sie das bald regeln." Einen Wunsch-Nachfolger für Häupl hat er nicht: "Wer das macht, ist mir aber egal."

"Leugnen, bis nichts mehr geht"

Als Erfolge seiner bisherigen Arbeit sieht Blümel unter anderem, die Mindestsicherung und die islamischen Kindergärten zum Thema gemacht zu haben. Dass letztere dem ÖVP-Bundesparteiobmann und Integrationsminister Sebastian Kurz noch Ungemach bescheren könnte, glaubt er nicht. Zuletzt waren Vorwürfe laut geworden, wonach eine Studie zu dem Thema im Ministerium umgearbeitet wurde.

Selbst wenn eine derzeit laufende Prüfung ein kritisches Ergebnis bringe, sei dies Sache des Autors – also des Islamwissenschafters Ednan Aslan, so Blümel. Er gehe aber davon aus, das "alles in Ordnung ist". Ob das Ministerium nicht den Kontakt zur Stadt hätte suchen sollen, bevor Ergebnisse an die Öffentlichkeit gespielt wurden? Nach Ansicht des VP-Politikers hätte das wenig gebracht: "Sachlicher Dialog mit Rot-Grün ist leider sehr schwierig. Die haben das Muster: Leugnen, bis nichts mehr geht. Erst wenn der Druck zu groß ist, dann wird etwas geändert."

Einen Dialog wird es schon bald mit den Blauen geben. Falls die FPÖ die angekündigte Untersuchungskommission zum Thema Krankenanstaltenverbund wie angekündigt in die Wege leitet, wird die ÖVP mitstimmen, kündigte Blümel an. (APA, 20.9-.2017)