Schorsch Kamerun ist ab 18. Oktober im Werk X zu sehen.

Foto: Werk X

Wien – Seit Montag probt Schorsch Kamerun im Werk X Me are the World. Was genau aus dem "Opernspektakel über das Ende der Welt" bis 18. Oktober noch wird, wusste der Regisseur und Sänger der Goldenen Zitronen zur Saison-Pressekonferenz des Theaters "natürlich noch nicht. Ich fange ja gerade erst an". Es sei jedenfalls ein "Versuch, das Experiment weiter zu feiern, solange man das noch darf". Dafür zu Gebot stehen ihm neben Schauspielern auch Musikanten, Dichter, Tänzer und erfahrene Laien.

Ort und Zeit der Produktion seien nicht zufällig: Thema ist angesichts von politischen Angstpropheten und deren einfachen Lösungen der Verrat an unseren zivilisatorischen Vorsätzen Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde. "Bizarr" findet Kamerun in jener Hinsicht nämlich den Wahlkampf hierzulande. Er wird selbst mit auf der Bühne stehen.

Schwarzer Humor zum Thema Flüchtlinge

Die Saison eröffnet aber Ich glaube (11.10.) des Vorarlberger aktionstheater ensembles über Lebensphilosophien in einer vom Terror verletzten Welt. Dem folgen Pier Paolo Pasolinis Der Schweinestall als Gastspiel des Residenztheaters München (Termine noch unklar) und Homohalal. Voriges Frühjahr vom Volkstheater unter regem Begleitwirbel abgesagt, fand die Uraufführung von Ibrahim Amirs schwarzhumorigem Stück über die Wiener Votivkirchenflüchtlinge heuer in Dresden statt, die Österreichische Erstaufführung in einer aktualisierten Fassung erfolgt am 18.1.

Als weitere Premieren angesagt: Missionen der Schönheit von Sibylle Berg über Schönheit und Gewalt in acht Monologen vor dem Hintergrund der biblischen Figur Judith (19.2.), Onkel Toms Hütte nach Harriet Beecher Stowes Roman über das dünne Eis unserer Zivilisation und Elfriede Jelineks Raststätte oder Sie machens alle (10.4.).

Die Zukunft des Edlorados

Das Eldorado zeigt Im Auftrag Charles Mansons (10.11.) über Verführbarkeit und Theresia Walsers Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel (11.12.) über korrupte Politeliten und das deutsch-griechische Verhältnis seit der Krise. Auf Empfehlung der Theaterjury vom März soll die Spielstätte am Petersplatz ab 2018/19 aus der Verwaltung des in Meidling beheimateten Werk X gelöst werden. Details dazu würden, so dessen Co-Leiter Harald Posch auf STANDARD-Nachfrage, aktuell noch verhandelt. Doch: Es werde "weiter eine enge Zusammenarbeit" und "deutlich verbesserte Bedingungen für die freie Szene" geben.

Mit den Gesamtzahlen der beiden Häuser für die vergangene Spielzeit ist indes man zufrieden: 24.480 Besucher sorgten für 87 Prozent Auslastung.

Asylgeber für die Wiener Wortstaetten

Die zugleich mit der empfohlenen Trennung unterlassene Empfehlung der Theaterjury, den Wiener Wortstaetten weiter Förderung zu gewähren, hat das Werk X bewogen, diesen im eigenen Haus Asyl zu geben. Das wird etwa am 30./31. Jänner ein internationales Meeting zum Projekt "Fabulamundi" zeitigen, zu dem die Wortstaetten neben 16 anderen europäischen Institutionen von der EU-Kommission eingeladen wurden. Weiters sind auch Kooperationen der Wortstaetten mit dem Werk X angedacht.

In den Abgrund schauen

Dessen Spielzeitthema lautet übrigens "Grand Hotel Abgrund" – als Anspielung auf einen 1962 geäußerten Vorwurf Georg Lukács’ an der Frankfurter Schule Adornos und Horkheimers, bloß Debatten zu führen, während das Desaster voranschreite. Umgelegt meine das, wie viel kann oder soll Theater als Diskursmedium tun.

Eine klare Antwort formulierte man bei der Pressekonferenz nicht, setzte aber weitere Diskursgelegenheiten: Mit dem Sonderformat "Futur drei: Wie willst du leben – und wie nicht?", dem popkulturellen Salon "Schnitzel im Kontext" oder der bereits kommenden Freitag startenden Veranstaltungsreihe "Strategien gegen Rassismus und Extremismus", an deren erstem Termin Staatssekretärin Muna Duzdar zu Gast sein wird. (wurm, 20.9.2017)