Wien – Die Hälfte der menschlichen Proteine werden kurz nachdem sie von einer Zelle produziert wurden, gleichsam mit einem "Zuckerguss" versehen. Diese sogenannte Glykosylierung verändert ihre Eigenschaften. Wie diese funktionelle "Verzierung" aussieht, wusste man nur in Einzelfällen. Wiener Forscher haben nun bei Stammzellen alle Zucker-Eiweiß-Liaisonen erfasst. Sie fanden dabei unter anderem heraus, wie das Gift Rizin in Zellen kommt, berichten sie im Fachjournal "Nature".

Die Forscher um Josef Penninger vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien haben die mit Zuckern versehenen Eiweißstoffe (Glykoproteine) aus den Zellen zunächst angereichert, dann mittels Massenspektrometrie analysiert, und mit passenden Algorithmen die Zusammensetzungen aller Eiweiß-Zucker-Moleküle (Glykoproteom) berechnet. "Diese Analyse verdoppelte beinahe die Zahl der experimentell bestätigten Glykoproteine, und neue Glykosylierungs-Stellen wurden entdeckt", schreiben sie in dem Fachartikel.

Fut9 und Slc35c1 machen Rizin tödlich

Sie wandten diese Methode bei Zellen mit Defekten bei den Genen Fut9 und Slc35c1 an. Die beiden regulieren das Anhängen des Einfachzuckers Fucose an Eiweißstoffe, die unter anderem an der Zellmembran binden. Dabei entdeckten sie, dass Fut9 und Slc35c1 für die tödliche Wirkung von Rizin verantwortlich sind, indem sie ihm Zugang zum Transportsystem der Zelle gewähren. Denn dieses Gift wirkt nur, wenn es ins Zellinnere gelangt, wo es wichtige Strukturen (die Ribosomen) zerstört. Diesen Prozess haben die Forscher kürzlich auch detaillierter im Fachmagazin "Cell Research" beschrieben. (APA, red, 2.10.2017)