"Wir haben uns einiges vorzuwerfen, die Arbeit und wir. Mitarbeiter, Vorgesetzte, Gesetzgeber. Aber die Frage ist: Wie finden wir (wieder) zusammen?", fragen Fekta und Tomaschitz.

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Angenehm ist es nicht. Und genau deswegen so empfehlenswert. Die beiden Autoren – Klaus Fetka, Personalchef von Porsche, und Markus Tomaschitz, Personalchef bei AVL List – haben ein Anliegen: Ignoranzen, Fehler, Schönredereien und Menschenbilder mit zerstörerischen Folgen sichtbar zu machen. Das machen die zwei Industrie-erfahrenen wortgewaltig und so provokant, dass es ankommen muss. Alleine aus der Beschreibung des Status quo in Unternehmen (und Gesellschaft) ergibt sich logisch, was anders zu tun ist, wo anzusetzen, was zu verändern ist – es müsste (wie im Buch allerdings ausgeführt) gar nicht mehr ausgesprochen werden.

Es geht um Macht als Ersatz für Führungsarbeit, es geht um Massenmenschhaltung statt jeweils angemessener Forderung und Förderung. Es geht um Entscheidungsunfähigkeit, um Zahlenverliebtheit, um "Minimalethik", um Angst und Feigheit. Es geht um Besitzstandwahrer, um Sündenböcke und Versager. Es geht um "fehlenden Realitätssinn".

Flexibilität, Adaptivität und Resilienz

Im Überblick: "Die Realität klopft an die Tür, immer lauter, aber Entscheidungsträger in Unternehmen weigern sich beharrlich aufzumachen und schauen stattdessen lieber in die Vergangenheit. Arbeit ist nicht mehr die, die sie war, sie ist unberechenbarer geworden, verlangt Flexibilität, Adaptivität und Resilienz.

Wohin mit den Alten, fragen wir uns, während es den Jüngeren an Erfahrung fehlt. Und anstatt uns des Potenzials der Frauen in unserem Land bewusst zu werden und sie zu fördern, diskutieren wir über Quoten und Technikermangel. Auch Berufsbilder ändern sich, und trotzdem ist unser Bildungssystem im vorigen Jahrhundert stehengeblieben. Was hält uns eigentlich davon ab, uns auf die Realität einzustellen?"

Sich der Realität stellen

Wieder recht unangenehm, die Befunde. Aber dazu ist das Buch nicht gemacht, sondern um zu helfen, "auf die richtige Spur" zu kommen: "Wir haben uns einiges vorzuwerfen, die Arbeit und wir. Mitarbeiter, Vorgesetzte, Gesetzgeber. Aber die Frage ist: Wie finden wir (wieder) zusammen? Paartherapeuten würden an der Basis ansetzen, am gegenseitigen Verständnis arbeiten, einander mal wirklich zuhören ... die rosarote Brille abnehmen also und sich der Realität stellen."

Denn dass "erdrückende Bürokratie" und "der grassierende Kontrollwahn in unseren Unternehmen und staatlichen Einrichtungen" das Nachdenken und Entscheiden "abtrainieren", sei wohl erwiesen – und führe lediglich in eine freudlose, mutlose, gedankenlose Welt. In der allerdings just das Gegenteil benötigt wird. Ja, natürlich beschäftigen sich die Autoren ausführlich mit Digital und Industrie 4.0. Und sie sind dabei auf der Seite der Optimisten. (Karin Bauer, 6.10.2017)