Frankreich testete unter anderem 1971 eine Atombombe im Mururoa-Atoll im Südpazifik.

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In der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang wird den Bürgern eine Raketen-Fotosammlung präsentiert.

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Vergilbte Fotos zeigen Palmen- und Insellandschaften, einen idyllischen Sonnenuntergang – und im Hintergrund einen Atompilz. 105-mal haben die USA zwischen 1947 und 1962 in ihren Atomtestgeländen im Pazifik Nukleartests unter und über Wasser durchgeführt und damit jene Bilder geschaffen, die vermutlich die Gefahren des Kalten Kriegs am eindrücklichsten festhalten. Auch andere Staaten – darunter die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich – haben ihre Atomwaffen überirdisch getestet. Zuletzt zündete China im Jahr 1980 im Salzsee Lop Nur im Westen des Landes eine Bombe mit der Sprengkraft von einer Megatonne TNT. Der Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser von 1963 verbietet derartige Tests allerdings.

Dass nun Nordkorea erstmals seit 37 Jahren eine Atombombe auf diese Weise testen könnte, gilt unter Experten schon seit einiger Zeit als denkbar. Die Drohungen von Außenminister Ri Yong-ho sind also vermutlich nicht hohl: Der Experte für Nukleartests des Online-Magazins "The Diplomat", Ankit Panda, analysiert für die BBC, Kim Jong-un könnte mit einem solchen Test ein "Gleichgewicht des Schreckens" anstreben und die USA von einem Nuklearschlag gegen sein Land abzuhalten versuchen. Auch Yang Uk, Forscher an einer Verteidigungseinrichtung in Seoul, hält einen nordkoreanischen Plan für einen solchen Test für denkbar. "Sie müssen irgendwie unter Beweis stellen, dass sie ihre Raketen- und ihre Atomwaffentechnik kombinieren können", sagt er der Nachrichtenagentur Reuters.

Katastrophe nicht ausgeschlossen

Genau darin liegt auch der Punkt, der den meisten Experten die größte Sorge macht: Um eine Atombombe im Pazifik zur Explosion bringen zu können, müsste Nordkorea sie auf einer seiner Raketen montieren und anschließend über bewohntes Gebiet hinweg – vermutlich über Japan – in den Pazifik schießen. Sollte es dabei einen Fehlschlag geben, könnte die Rakete samt der Atombombe über bewohntem Gebiet explodieren, was unmittelbar katastrophale Folgen hätte und auch politisch und militärisch kaum unbeantwortet bleiben könnte. Dass japanische oder amerikanische Abfangraketen eine solche Rakete zerstören könnten, bevor sie Japan überfliegt, gilt keineswegs als sicher.

Die einzige andere Möglichkeit für einen solchen Test wäre es, eine Atombombe auf einem nordkoreanischen Schiff zu montieren und dieses anschließend im Pazifik zur Explosion zu bringen. Diese Variante gilt aber als eher unwahrscheinlich, weil die Gefahr einer vorzeitigen Entdeckung durch Südkorea, Japan oder die USA groß wäre – vorausgesetzt, ein solches Schiff befindet sich nicht bereits in Position.

Todesopfer wären wahrscheinlich

Auf eine weiteres Risiko weist Panda in seiner Einschätzung für die BBC hin: Weil Nordkorea seine Tests fast nie ankündigt – und das diesmal auch aus strategischen Gründen kaum tun würde –, ist damit zu rechnen, dass ein Atomtest im Pazifik auch Todesopfer zur Folge hätte. Den Besatzungen ziviler Schiffe und Flugzeuge in der Umgebung würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Zeit für eine Evakuierung fehlen.

Zudem würde die Explosion einer Atombombe im Pazifik Umweltschäden zur Folge haben, deren genaues Ausmaß allerdings nur schwer abzuschätzen ist. Bisher hatte Nordkorea in den Veröffentlichungen zu seinen unterirdischen Nukleartests stets betont, dass keine Schäden an der Umwelt zu befürchten seien – wohl auch, um den deshalb sehr nervösen Nachbarn China zu beruhigen. (Manuel Escher, 22.9.2017)