Schoko-Fans müssen sich noch gedulden, es könnte noch bis zu eineinhalb Jahre dauern, dass die rosa Innovation auf den Markt kommt.

Foto: apa/Emmanuel Dunand
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Foto: Barry Callebaut

Bern/Zürich – Die Schweiz ist definitiv eine große Schokolade-Nation. Völlig überraschend zauberte Barry Callebaut mit "Ruby" vor gut zwei Wochen neben der Milchschokolade, der dunklen und weißen Schokolade eine vierte Sorte aus dem Hut. In der Branche reibt man sich verwundert die Augen und verweist auf eigene Produktentwicklungen.

"Spannende Innovation"

"Ruby" sei eine "spannende Innovation" und eine "interessante Neuigkeit eines großen Mitbewerbers", heißt es bei angefragten Schweizer Schokoladeproduzenten. Mehr dazu sagen können und wollen die Konkurrenten allerdings nicht, da sie bis dato das Produkt weder gesehen noch degustiert haben.

Lobende Worte findet der Verband Schweizerischer Schokoladefabrikanten (Chocosuisse): Die neue Schokolade zeuge von der Innovationskraft der heimischen Industrie. Der große Wettbewerbsdruck fordere von der Branche, ihre Produkte möglichst den aktuellen Kundenwünschen anzupassen.

Die Lancierung eines neuen Produktes sei dabei immer auch mit Risiken verbunden. "Ich bin aber überzeugt, dass der Markt mit großem Interesse auf das neue Produkt reagieren wird", betont Vizedirektor Sevan Nalbandian.

Geduld

Bis Konsumenten sich die aus der Ruby-Kakaobohne hergestellte Schokolade im Mund zergehen lassen können, dürften allerdings noch sechs bis 18 Monate vergehen, schätzt Barry Callebaut-Sprecher Kim Ghilardi.

Der Zürcher Konzern, die Nummer 1 im Markt, produziert nämlich keine fertigen Produkte für Konsumenten, sondern beliefert die Lebensmittelindustrie, Chocolatiers, Konditoren, Bäcker, aber auch Hotels und Restaurants. Noch ist es laut dem Konzern zu früh, um die Nachfrage nach dem neuen Produkt abzuschätzen.

Verarbeiten lässt sich "Ruby" gleich wie die traditionellen Sorten. Die Produktion soll hingegen aufwendiger und kostspieliger sein. Ob dies auf die Verkaufspreise durchschlagen wird und wie die Akzeptanz bei den Schoko-Liebhabern sein wird, ist noch offen. Barry Callebaut testete das Produkt bisher erfolgreich auf den für den Konzern wichtigen Märkten Großbritannien, USA, China und Japan.

Keine Farbstoffe

"Ruby" besitze einen rötlichen Farbton und der Geschmack sei fruchtig und "beerig", erläutert Ghilardi. Beide Eigenschaften stammen ausschließlich von der gleichnamigen Kakaobohne, die in Ecuador, Brasilien und der Elfenbeinküste angebaut wird. Da weder Beeren, Aromen oder Farbstoffe zugesetzt werden, handelt es sich wohl tatsächlich um eine vierte Sorte.

"Die Lancierung wurde geheim gehalten, da es für uns eine sehr wichtige Innovation ist. Wir wollten nicht, dass etwas durchsickert", sagt Ghilardi. Umso größer sei die Freude über das weltweit große Interesse und die sehr positiven Reaktionen.

Zufällige Entdeckung

Entdeckt wurde "Ruby" wie der Konzernsprecher erzählt, schon vor 13 Jahren zufällig in der konzerneigenen Forschungsabteilung in der Normandie. Ghilardi spricht von einem "einzigartigen Verfahren", ohne Details zu verraten. Barry Callebaut hat sich umgehend Teile des Produktionsprozesses patentieren lassen. Der Rest ist Geschäftsgeheimnis.

Angst davor, dass Konkurrenten eine eigene "Ruby"-Schokolade entwickeln könnten, hat man vorerst nicht. Falls Mitbewerber dies ins Auge fassen sollten, würden sie für die Entwicklung und Produktion Jahre brauchen, glauben die Zürcher.

Die Konkurrenz setzt derzeit tatsächlich stärker auf bewährte Sorten und entwickelt die eigenen Marken weiter. Camille Bloch, bekannt für gefüllte Schoko-Spezialitäten wie Ragusa und Torino, arbeitet laut Mediensprecherin Regula Gerber an Innovationen für seine Bestseller. "Ruby" gehöre momentan nicht dazu. In den letzten Jahren entstanden ist beispielsweise die "Blond"-Schokolade mit karamellisierter Milch.

200-Jahr-Jubiläum

Nestlé hat kürzlich das Rezept für die Milchschokolade seiner Marke Cailler mit Blick auf ihr 200-Jahr-Jubiläum überarbeitet. Weniger Zucker, mehr Milch und Kakao sollen für einen intensiveren Geschmack sorgen und den Absatz ankurbeln. Cailler habe keine vierte Schokoladensorte im Angebot und sei auch nicht daran, eine zu entwickeln, heißt es bei der ältesten Schweizer Schokoladenmarke.

Chocolat Frey habe bereits bisher für jeden Kundengeschmack etwas im Angebot, betont Tim Herrmann, Sprecher der Migros-Tochter. Das Unternehmen stelle nämlich über 70 Schokolade-Rezepturen her, die aus sortenreinen, aber auch Mischungen von bis zu fünf verschiedenen Kakaosorten bestünden.

Bereits bisher gibt es beim 1962 gegründete Glarner Familienunternehmen Confiseur Läderach rosafarbene Schokolade. Sie besteht allerdings aus weißer Schokolade mit kleinen Stückchen von Himbeeren und Brombeeren.

Das Produkt hat damit nichts mit der Sorte "Ruby" zu tun. Man werde künftig keine "Ruby"-Schoko verkaufen, sagt Sprecherin Nathalie Ziswiler. Die bekannteste Spezialität von Läderach ist ihre Frischschokolade, die in 20 Sorten an offenen Theken verkauft wird. (APA, 22.9.2017)