Jan Böhmermann.

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Da sage keiner, politische Lyrik funktioniere nicht: "Der Herbstwald steht da in herrlicher Pracht / Merkel hat Deutschland kaputtgemacht. / Die Rehe in der Sonne sich aalen / anderthalb Millionen Afrikaner, wer soll das bezahlen?" – Gerade rechtzeitig zum "Showdown" in den deutschen Wahllokalen zurückgekehrt, stellten sich Jan Böhmermann und sein Neo Magazin Royale (NMR) in der zweiten Sendung nach der Sommerpause in den Dienst demokratischer Bewusstseinsbildung.

Obenstehende Reime aus Naturversen und politischen Demonstrationen schmiedete etwa Gehilfe Ral Kabelka. Quasi Herbst- statt Schmähgedicht. Wegen dem vom vorvergangenen Frühjahr der Moderator übrigens immer noch Wickel mit Angela Merkel hat, der er jüngst wegen Vorverurteilung mit Klage drohte. Vielleicht widmete das NMR daher seine Anfangssequenz der Konkurrenz. Bloß: Wie soll man das Bedrucken aller roten Luftballons im Trailer zur Stephen-King-Horror-Verfilmung Es mit "SPD" werten?

Hirnschmalz und Handwerk, die in einer einzigen NMR-Folge stecken, sind immens. Und so ward weitergefeuert. Man verstand noch, warum das beschwingte Lied Deutschland ist wieder im Reichstag zurück im Stil der 1930er AfD-Anhängern den Appetit vergällte, da waren auch schon die Spitzenkandidaten aller Parteien zum Talk geladen. "Hallo akbar", grüßte das Lookalike des Grünen Cem Özdemir, ein besonders jugendlicher Christian Lindner (FDP) schoss Selfies, Sahra Wagenknecht (Linke) warf Ziegel.

"Rapper oder Ripper" durfte Musikreporterin Visa Vie am Schluss Gesichter als Musiker oder Mörder erraten. Zuweilen traf beides zu. Wie aufs NMR: Es nimmt nichts zu ernst und meint es doch so. (Michael Wurmitzer, 22.9.2017)