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Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlief der Sonntag nicht vergnüglich.

Foto: Reuters / Gonzalo Fuenters

Fünf Minuten lang konnte sich Emmanuel Macron am Sonntag freuen, als die ersten Hochrechnungen der Bundestagswahl bekannt wurden und auf die Fortsetzung der Großen Koalition hindeuteten. Das war auch die Wunschkonstellation des französischen Präsidenten: Die SPD hat in etwa die gleichen europapolitischen Vorstellungen, was die Schaffung eines Finanzministers und eines Budgets für massive Investitionen im Euroraum anbelangt.

Doch alsbald folgte die kalte Dusche für die französischen Interessen, als die SPD den Gang in die Opposition ankündigte. Damit schien der Einzug der FDP in die Bundesregierung unausweichlich – und damit wäre die schöne Harmonie zwischen Merkel und Macron wohl am Ende. FDP-Chef Christian Lindner erklärte noch am Sonntagabend in einer Wahlsendung, sein Land solle nicht den "Staatskonsum" in Frankreich finanzieren; ein gemeinsamer europäischer Haushalt sei deshalb für ihn eine "rote Linie".

Katerstimmuing im Elysée

Noch hofft Macron auf ein Einlenken der deutschen Sozialdemokraten. Auch beruhigen sich Pariser Strategen, dass ein Finanzminister Lindner unter Kanzlerin Merkel nicht mehr zu sagen hätten als heute Wolfgang Schäuble; und der will ja auch keinen generösen Euro-Minister, sondern einen kontrollbewussten Europäischen Währungsfonds.

Trotzdem herrschte am Montag im Pariser Elysée-Palast Katerstimmung. Und das nicht nur wegen der Bundestagswahl. Macron, der am Dienstag seine Europapläne auf den Tisch legen will, musste am Sonntag eine unerwartet klare Schlappe bei den Senatswahlen in Frankreich einstecken. Das "französische Oberhaus", der Zweitrat neben der Nationalversammlung, erneuerte seine 348 Sitze um die Hälfte, und Macrons Partei "La République en Marche" (LRM) hoffte, ihre Stimmenzahl zu verdoppeln. Als junge Formation verfügte sie erst über 29 Senatoren – meist Überläufer aus dem sozialistischen Lager. Macrons Berater hatten die Losung herausgegeben, 50 bis 60 Sitze zu erringen. Zuletzt verliert LRM sogar noch einige Sitze und stellt inskünftig nur 24 Senatorinnen und Senatoren.

Ungünstiges Wahlsystem

Ein Grund für das schlechte Abschneiden der Macron-Formation ist das indirekte Wahlsystem des Senats: Gewählt wird das Zweitparlament in Frankreich durch gewählte Lokal- und Regionalpolitiker. Eine neue Partei wie LRM ist dadurch naturgemäß benachteiligt. Macron hoffte allerdings auf die Dynamik seiner Bewegung, die im Juni bei den Wahlen in die Nationalversammlung auch einen Erdrutschsieg errungen hatte.

Die Macron-Welle scheint aber am Verebben zu sein. Laut Umfragen hat der Präsident viel Popularität eingebüßt, und mit seiner Arbeitsmarktreform stößt er auf Widerstand: Nach den Großdemonstrationen der letzten Woche haben die Fernfahrer am Montag mehrere Treibstoffdepots blockiert. Im Senat verliert Macron auch wegen seiner Sparvorhaben an Boden: Viele Lokal- und Regionalpolitiker befürchten negative Folgen für ihre Gemeinden und Departemente.

Der Senat macht damit seinem bewahrenden Ruf alle Ehre. Die Konservativen, die das französische Oberhaus seit Jahrzehnten fast ununterbrochen beherrscht haben, konnten unverhofft zulegen: Die Republikaner erhöhen ihren Stimmenanteil von 142 auf 159 Sitze, die mit ihren verbündeten Zentrumsdemokraten von 42 auf 50. Zusammen verfügen sie über eine Mehrheit. Damit können sie auch Macrons Pläne für diverse Verfassungsänderungen blockieren. Ob auf europäischer oder innerpolitischer Ebene, wird das Regieren für den ungeduldigen Reformer im Elysée zweifellos schwieriger. (Stefan Brändle aus Paris, 25.9.2017)