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Binali Yıldırım sieht das deutsche Wahlergebnis als Bestätigung seiner Position.

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Gönnerhaft und selbstsicher zeigt sich die Führung in der Türkei nach dem Einbruch von Angela Merkel und Martin Schulz bei der deutschen Bundestagswahl. Die Wahl seien eine Lehre, sagte der türkische Staatschef am Montag in einer Rede in Istanbul.

"Wir haben ein paar Sachen gesagt", räumte Tayyip Erdoğan ein und bezog sich damit wohl auf seine Nazi-Beleidigungen gegenüber der deutschen und der niederländischen Regierung und seinen Aufruf an die türkischstämmigen deutschen Wähler, weder SPD noch CDU oder Grünen ihre Stimme zu geben. Sie hätten die Dinge verdreht, sagte Erdoğan über die deutschen Politiker. Jetzt nach dem Wahlergebnis aber sei die Wahrheit offensichtlich: "Wir haben überhaupt keine Probleme mit der Demokratie, mit den Völkern, mit dem Standard für die Freiheiten." Wenn es einmal Probleme gebe, dann mit den dortigen Führungen, sagte Erdoğan und meinte damit die deutsche Regierung.

Yildirim gratuliert

Erdogans Regierungschef Binali Yıldırım gratulierte Merkel immerhin zum Wahlerfolg. Die Wahlen seien nun vorbei, "kehren wir zur Normalität, zur Arbeit zurück", sagte Yıldırım am Montag in einem Fernsehinterview mit mehreren Sendern. Deutschland müsse sein Verhalten gegenüber den Mitgliedern der Gülen-Terrorbewegung und der PKK ändern. "Für uns ist das ein sensibles Thema", erklärte Yıldırım.

Der AKP-Abgeordnete Burhan Kuzu, der für seinen rüden Umgangston bekannt ist ("Verpiss dich, Ungläubiger", schrieb er auf Twitter dem österreichischen Kanzler), meldete sich am Wahlabend als Erster zu Wort. Deutschland wie die Niederlande hätten mit der Türkei Wahlstrategie betrieben, twitterte Kuzu. Beiden habe es nichts Gutes gebracht. In den Niederlanden konnte nach der Wahl im März keine Regierung gebildet werden; in Deutschland sei das nun ebenfalls zweifelhaft. Zum Erfolg der AfD schrieb Kuzu: "Seit dem Zweiten Weltkrieg ist erstmals Hitler ins Parlament eingezogen. Gefährlich!!!!"

Özdemir als Außenminister

Ähnlich formulierten es am Montag türkische Zeitungen. "Neonazis ziehen nach 72 Jahren ins deutsche Parlament ein", stand klein, aber auf der Titelseite von "Sabah". Der regierungsnahe Nachrichtensender TGRT und andere Medien zeigten am Wahlsonntag einen Stimmzettel aus Bayern, auf den ein Wähler "Erdogan" geschrieben und daneben ein Kreuz gesetzt hatte. Türkische Politologen wie Sinan Ülgen und Abdullah Çiftçi sahen dafür bereits den Grünen Cem Özdemir als möglichen nächsten Außenminister einer Jamaika-Koalition, sollte die FDP das Finanzressort erhalten. (Markus Bernath, 25.9.2017)