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Bahn frei: Siemens und Alstom basteln am nächsten europäischen Megakonzern.

Foto: Reuters / Gonzalo Fuentes

Paris / München / Montreal – Der deutsche Siemens-Konzern und der französische Konkurrent Alstom basteln durch die mögliche Zusammenlegung ihrer Bahnsparten am nächsten europäischen Champion-Konzern. Nach Informationen der französischen Zeitung "Le Monde" wird die Annäherung zwischen Siemens und Alstom von höchster Stelle unterstützt. Der Vergleiche mit dem paneuropäischen Flugzeugbauer Airbus, der mit Boeing ein globales Duopol unterhält, drängt sich auf.

Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge gilt dabei laut einem Pressebericht als aussichtsreicher Kandidat für die Führung eines möglichen gemeinsamen Zuggeschäfts von Siemens und den Franzosen.

Der 48-jährige Manager solle den Vorstandsvorsitz übernehmen, während Siemens-Technikvorstand Roland Busch den Verwaltungsratsvorsitz bekommen dürfte, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstag) unter Berufung auf französische Informanten.

Der Aufsichtsrat von Alstom tagt am Dienstag. Nach der Sitzung wird es demnach eine Erklärung der Aufsichtsräte von Alstom und von Siemens geben. Der Aufsichtsrat des Münchner Konzerns favorisiere eine Fusion mit Alstom, sagten zwei mit den Gesprächen vertraute Personen. Damit wäre die kanadische Bombardier, die ebenfalls um die Bahnsparte von Siemens buhlt, ausgestochen.

Bombadier im Endspurt überholt

Verhandlungen mit den Kanadiern waren bereits weit gediehen, als Siemens die Gespräche mit Alstom parallel wieder aufnahm. Den Plänen zufolge soll Siemens eine knappe Mehrheit an einem deutsch-französischen Bahntechnik-Konzern halten. Alstom würde demnach den Vorstandschef stellen. Siemens wollte sich zu diesem Punkt nicht äußern.

Alstom hatte am Freitag "Diskussionen" mit Siemens über eine "Annäherung" der Zugsparten bestätigt. Es sei keinerlei Entscheidung gefallen, betonte das Unternehmen. Französischen Medienberichten zufolge soll Siemens seine Zugsparte bei Alstom einbringen und erhielte dafür einen "großen Anteil" an Alstom. Laut "Handelsblatt" würde Siemens 50 Prozent des Kapitals der neuen fusionierten Gesellschaft übernehmen.

Eine weitere Möglichkeit wäre es, ein Joint Venture einzugehen, mit gemeinsamen Sparten für Zugbau und Signaltechnik.

Zusammen gegen China

Siemens-Chef Joe Kaeser hatte in der Vergangenheit mehrfach auf die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit in der Branche hingewiesen. Der Druck dafür war mit dem Zusammenschluss der beiden größten chinesischen Zughersteller zum Branchenriesen CRRC massiv gewachsen. Zuletzt war auch über eine Zug-Allianz zwischen Siemens und dem kanadischen Flugtechnik- und Bahnhersteller Bombardier spekuliert worden.

Die französische Verkehrsministerin Elisabeth Borne hatte eine Fusion der Zugsparten angesichts der erstarkten Konkurrenz aus China am Freitag als "sehr gute Sache" bezeichnet. Laut der französischen Zeitung "Les Echos" kam die Initiative zu einem "Airbus der Schiene" von der französischen Regierung – "im Rahmen einer Annäherung zwischen beiden Ländern". Paris habe jüngst einen "Botschafter" nach Berlin zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entsandt, die ihre Zustimmung zu einer "Vertiefung des Themas" gegeben habe.

Sonderdividende

Alstom will unterdessen seinen Aktionären den Zusammenschluss mit der Bahntechniksparte von Siemens Insidern zufolge mit einer Sonderdividende versüßen. Damit würden die unterschiedlichen Firmenwerte von Alstom und Siemens Mobility ausgeglichen, so dass beide auf Augenhöhe fusionieren könnten, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag.

Hauptprofiteur der Ausschüttung ist der französische Alstom- Großaktionär Bouygues. Alstom habe überschüssige Mittel in der Bilanz.

Kartellfrage offen

Ob die geplante Fusion den Segen der EU-Kartellbehörden erhielte, bleibt offen. Allerdings wäre der Deal mit Alstom für die Wettbewerbshüter leichter zu verdauen. Die Fusion mit der Kanadischen Bombardier hätte mit einem Umsatz von 13 Milliarden Euro den größten Player am Markt geschaffen. "Ich sehe sehr schlechte Chancen, dass man für eine solche Elefantenhochzeit grünes Licht von der EU-Kommission bekommen würde", sagte Kartellrechtler Dario Struwe bereits im Frühjahr. (APA, AFP, red)