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Andrea Nahles ist noch Arbeitsministerin.

Foto: Reuters/Hanschke

Die Rolle der stimmgewaltigen Oppositionspolitikerin ist für Andrea Nahles, die zukünftige SPD-Fraktionschefin im Bundestag, nicht neu. Kurz vor der deutschen Bundestagswahl 2013, also noch zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition, bezichtigte die damalige SPD-Generalsekretärin die CDU-geführte Regierung per Pippi-Langstrumpf-Lied der Realitätsferne: "Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt", schmetterte sie damals in den Plenarsaal des Parlaments.

Der legendäre Auftritt blieb als Kostprobe für Nahles' eher mäßig ausgeprägten Gesangskünste in Erinnerung – vor allem aber auch als Beleg ihrer Kampfeslust. Zumindest Letztere ist gepaart mit einem langen Atem: Die Politkarriere der heute 47-Jährigen ist das perfekte Gegenstück zum kometenhaften Aufstieg so mancher Quereinsteiger und Spätberufenen. Mit 18 gründete sie den SPD-Ortsverein ihrer Heimatgemeinde Weiler, eines 500-Seelen-Dorfes im westdeutschen Rheinland-Pfalz. Dort sammelte sie auch erste kommunalpolitische Erfahrungen als Mitglied des Gemeinderats.

Der Einstieg in die Bundespolitik gelang Nahles 1995 mit der Wahl zur Juso-Vorsitzenden. Zwei Jahre später war sie bereits Mitglied des SPD-Vorstands, kurz darauf wurde sie erstmals in den Deutschen Bundestag gewählt.

Der damalige SPD-Chef Oskar Lafontaine, heute eines der bekanntesten Gesichter der Linken, bezeichnete Nahles als "Gottesgeschenk" für die SPD. Dass sie dort dem linken Flügel zuzurechnen ist, zeigte sie auch durch ihr Eintreten gegen die sogenannte Agenda 2010 von Gerhard Schröder, den sie einmal "Abrissbirne sozialdemokratischer Programmatik" nannte.

2013 wechselte die SPD nach vier Jahren Schwarz-Gelb wieder in die Regierung – und Nahles wurde Arbeits- und Sozialministerin im dritten Kabinett Merkel.

Bei einem Autounfall in jungen Jahren erlitt Nahles eine schwere Hüftverletzung, seither gilt sie als zu 50 Prozent behindert. Um ihre sechsjährige Tochter kümmert sich dem Vernehmen nach deren von ihr getrennt lebender Vater. Dass Nahles als Katholikin auch wertkonservative Positionen vertritt – etwa bei der Neuregelung von Spätabtreibungen -, könnte ihr künftig auch als linker SPD-Fraktionschefin einen Draht zu den Christdemokraten bewahren. Diese waren ihr schon damals wegen Pippi Langstrumpf nicht böse – und dankten Nahles "für das möglicherweise unbeabsichtigte Kompliment". (Gerald Schubert, 25.9.2017)