Pjöngjang/Wien – Die beiden Züge mit der Aufschrift "Nordkorea" und "USA", wie Chinas Außenministerium die beiden Streitparteien bezeichnet, haben sich am Dienstag weiter im Eiltempo und auf dem gleichen Gleis aufeinander zubewegt. Pjöngjang ließ nach Berichten aus Südkorea zusätzliche Einheiten an die Ostküste des Landes verlegen, wo man offenbar einen Angriff der USA für möglich hält. Allerdings widerspachen die USA den Meldungen. Man habe noch keine bedeutenden Änderungen in der nordkoreanische Truppenaufstellung festgestellt, sagte General Joseph Dunford, der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs am Abend.

Tags zuvor hatte der Außenminister des Landes, Ri Yong-ho, gesagt, die USA hätten Nordkorea den Krieg erklärt, weshalb man sich im Recht fühle, künftig US-Flugzeuge bereits dann abzuschießen, wenn diese sich dem Luftraum des Landes näherten.

US-Präsident Donald Trump sagte, die USA seien auf eine militärische Option vorbereitet, "auch wenn es nicht die bevorzugte Option ist" und bezeichnete die möglichen Folgen für Nordkorea als "verheerend".

Hoffen auf Vernunft bei Trump und Kim

China reagierte am Dienstag nervös und mit frommer Zuversicht: "Die Politiker in den USA und Nordkorea verfügen hoffentlich über genügend politisches Urteilsvermögen, um einzusehen, dass der Einsatz militärischer Mittel niemals eine gute Methode ist", teilte das Außenministerium mit.

Die Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, Sarah Huckabee Sanders, reagierte darauf mit dem Hinweis, man habe Kim Jong-un keineswegs den Krieg erklärt. Das sei absurd, sagte sie, ohne auf die Tweets Trumps einzugehen, der am Wochenende geschrieben hatte, wenn Nordkoreas Führung so weitermache, werde sie "vermutlich bald nicht mehr da" sein. Verteidigungsminister James Mattis appelliert an die internationale Gemeinschaft, den Druck auf den kommunistischen Führerstaat weiter aufrechtzuerhalten. Das US-Finanzministerium verhängte weitere Sanktionen gegen acht Banken und 26 Personen mit Verbindungen zum nordkoreanischen Finanzsektor.

Shinzo Abe will profitieren

Bemühungen um eine Abrüstung der Worte werden seit Montag aber durch einen neuen Umstand erschwert. Der japanische Premier Shinzo Abe hat mit Blick auf seine persönliche Beliebtheit Neuwahlen zum japanischen Unterhaus ausgerufen, von denen er sich die langersehnte Zweidrittelmehrheit für sein Herzensprojekt erhofft: eine Revision der pazifistischen Verfassung Japans.

Die Zustimmung zu Abe ist in den vergangenen zwei Monaten um 20 Prozentpunkte auf 50 angewachsen, seitdem er sich dem harten Kurs Trumps gegen Nordkorea angeschlossen hat. Allerdings könnte der Schuss auch nach hinten losgehen: Die populäre Gouverneurin von Tokio, Yuriko Koike, kündigte am Montag an, mit einer eigenen Partei antreten zu wollen. (Manuel Escher, 26.9.2017)